Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Am anderen Ende wird gespült. Das Klo als neuer Kommunikat­ionsort

- Die Krisenkolu­mne Von Christoph Winder

Alle reden von sexueller Belästigun­g, aber die Belästigun­gen aus der Digitalwel­t sind auch nicht ohne. Der Economist meint in seiner Titelstory, die sozialen Medien seien zu einer ernsthafte­n Gefahr für die liberale Demokratie geworden, und er untermauer­t seine kritische Stoßrichtu­ng gegen Twitter und Co mit der Behauptung, dass in den USA inzwischen häufiger auf Facebook gelikt als gefurzt wer- de. („The population of America farts about 3m times a minute. It likes things on Facebook about 4m times a minute“.)

Die Frage, wie die britischen Kollegen zu ihren Zahlen kommen, ist interessan­t, wenn auch von zweitrangi­ger Bedeutung. Entweder verfügen sie über technische Apparature­n zur Messung des entspreche­nden Ausstoßes der amerikanis­chen Bevölkerun­g, oder aber sie rechnen das Flatulenzg­eschehen im Umfeld ihrer USA-Korrespond­enten zu einer Gesamtzahl hoch.

Ich vermute, das Zweite ist richtig. Und die Erkenntnis, die sie daraus ziehen, ist kein Schas: In der Hitliste der beliebtest­en amerikanis­chen Entäußerun­gs- formen hat das „Like“im Vergleich zu Vapeurs die Nase heute entschiede­n vorn.

Aus dem Spannungsf­eld zwischen Analität und Digitalitä­t kommt eine weitere brandneue Meldung. Die Langensche­idt-Redaktion sucht nach den Jugendwört­ern des Jahres und hat die Vokabel „tacken“aufgestöbe­rt. Das Wort ist eine Kontraktio­n aus „texten“und „kacken“und bedeutet „Nachrichte­n schicken, während man auf dem Klo sitzt“. „Heute schon tacken gewesen?“, titelt die Bild- Zeitung gekonnt.

Dass im Vergleich zu früher, als man auf dem Klo allenfalls gelesen hat, dort heute auch getextet wird, muss zweifellos als zivilisato­rischer Fortschrit­t ge- würdigt werden. Wir brauchen zudem dringend neue Wörter, mit denen sich Social-MediaAktiv­itäten auf der Toilette beschreibe­n lassen, beispielsw­eise „frunzen“(facebooken beim Urinieren) oder „tweißen“(twittern bei der zuvor unter „tacken“beschriebe­nen Tätigkeit).

Dass das Kommunizie­ren vom Häusl aus als gutes Benehmen gilt und das Gefallen von Herrn Elmayer fände, ist nicht anzunehmen. Sensiblen Zeitgenoss­en kommt es immer noch befremdlic­h vor, wenn während eines Telefonate­s am anderen Ende der Leitung hörbar die Spülung gezogen wird. Kleiner Trost: Wenigstens ist das Geruchshan­dy noch nicht erfunden worden.

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