Sexueller Übergriff: Grüner Gemeinderat vor Ausschluss
Kritik an Tiroler Landeshauptmann- Stellvertreterin Felipe, aber sie darf Liste weiter anführen
Innsbruck – In Innsbruck wollen die Grünen ihren Gemeinderat Mesut Onay wegen einer sexuellen Grenzüberschreitung im Jahr 2005 aus dem grünen Klub ausschließen. Der Fall ist seit 2006 in der Tiroler Landeshauptstadt bekannt und wurde damals auch von Onay selbst bei den Grünen angesprochen. Onay vermutet nun eine Intrige rund um die Gemeinderatswahl im April 2018 hinter dem Rauswurf Jahre später. Onay habe sich als einziger Gemeinderat gegen die aktuelle Vizebürgermeisterin Sonja Pitscheider ausgesprochen. Er überlegt nun die Kandidatur mit eigener Liste.
Die Landtagsliste der Tiroler Grünen ist inzwischen beschlossen – trotz heftiger Kritik wurde Ingrid Felipe wieder Nummer eins. (red)
Igls – Die 44. Landesversammlung der Tiroler Grünen, die am Samstag im Congress Igls zusammentrat, wäre einer bundespolitischen Erwähnung kaum wert – stünde da nicht eine Landtagswahl an. Und wäre dabei nicht gleichzeitig die Ex-Bundesvorsitzende der Grünen zur Wahl gestanden, in deren kurzer Amtszeit die grüne Bundespartei 8,6 Prozentpunkte (in Tirol sogar 10,7 Prozentpunkte) verloren hat und aus dem Nationalrat geflogen ist.
200 Mitglieder sind also nach Igls gekommen, um die Liste für die Landtagswahl am 25. Februar 2018 zu wählen. Seit 2013 regieren die Grünen in Tirol als Juniorpartner der ÖVP mit. Ingrid Felipe, bis vor kurzem noch Bundessprecherin, fungiert als stellvertretende Landeshauptfrau an der Seite Günther Platters.
Offenbar zur Zufriedenheit der Basis: Sie wurde von den Delegierten mit 79 Prozent als Spitzenkandidatin bestätigt.
Felipe, die mit Chris Veber nur einen Gegenkandidaten um Platz eins hatte, entschuldigte sich in ihrer Rede: „Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Das Ergebnis vom 15. Oktober hat das gezeigt. Ich entschuldige mich für die falschen Entscheidungen und die daraus resultierenden Kränkungen und Verletzungen.“Felipe sagt, sie habe daraus gelernt: „Wir müssen wieder Widersprüche aushalten.“Sie betonte in ihrer Rede das Thema Migration. Wer Hilfe brauche, der müsse diese erhalten. Egal woher er komme und an welchen Gott er glaube.
Ihr Gegenkandidat Veber, der sich spontan zur Kandidatur entschieden hatte, nutzte die Gelegenheit, um in seiner Rede ebendiese Haltung der Grünen in Sachen Migration zu hinterfragen: „Liebe Ingrid, rede nicht nur von Flüchtlingen. Wenn wir sagen, Migration für alle ist möglich, wird uns keiner mehr wählen.“
„Wunderschöne Position“
Veber nannte das Flüchtlingsthema als Grund für den Absturz der Partei. Man müsse wieder andere, grüne Themen in den Vordergrund rücken und auch klar sagen, dass nicht jeder nach Österreich kommen könne, der dies wolle: „Das ist eine wunderschönen moralische Position, aber wir haben die Verantwortung, zu entscheiden, wer kommen darf.“Ve- ber, Kind ungarischer Flüchtlinge von 1956, ist einfaches Mitglied der Innsbrucker Grünen und betreibt einen Videospielhandel.
Immerhin 20 Prozent wählten Veber, als Zeichen, dass die Basis mit der Linie in Sachen Migrationspolitik nicht zufrieden ist, sieht Felipe das nicht: „Aber die Kritik ist angekommen.“Sie lädt die Sympathisanten und Mitglieder ein zu widersprechen: „Wir müssen den guten Streit wieder kultivieren.“
Auf Platz zwei konnte sich der derzeitige Klubobmann der Grünen im Tiroler Landtag, Gebi Mair, mit 55,88 Prozent gegen die drei Gegenkandidaten Helmut Deutinger (11,76 Prozent), Heribert Insam (20,09 Prozent) und Chris Veber (6,86 Prozent) durchsetzen. Mair will beim Thema Migration weiter auf einen „menschlichen und realistischen“Kurs setzen.
Für Platz drei kandidierte nur die Landtagsabgeordnete Gabi Fischer und wurde von den Delegierten mit 88,26 Prozent bestätigt. Das einzige neue Gesicht auf den vorderen Plätzen ist Georg Kaltschmid. Er setzte sich in der Stichwahl um Platz vier gegen den amtierenden zweiten Landtagspräsidenten Hermann Weratschnig durch. Der Tourismusexperte Kaltschmid kam im zweiten Wahlgang auf 71,95 Prozent der Stimmen. Die zweite grüne Landesrätin neben Felipe, Christine Baur, trat nicht mehr zur Wahl an.
Eine Neuerung ist die Mitbestimmung der Basis bei den Wahlkampfthemen. In den kommenden Wochen sollen Parteimitglieder, aber auch Sympathisanten die Möglichkeit erhalten, die wichtigsten grünen Themen für den anstehenden Landtagswahlkampf 2018 auszuwählen.