Der Standard

Bibliothek des NS-Raubes

Publikatio­nen zur Causa Gurlitt

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Bis heute werden in der NSZeit entzogene Kulturgüte­r weltweit in Privatbesi­tz verwahrt, vererbt und gehandelt. Deutschlan­d ist keine Ausnahme und der Fall Gurlitt nur einer unter vielen. Die Bilder sind unter uns (Eichborn-Verlag, Frankfurt) hieß 2009 Stefan Koldehoffs Bestandsau­fnahme, die mit exemplaris­chen Causen das System der Entziehung und ihrer deutschen Akteure dokumentie­rte. 2014 erschien eine um den Fall Gurlitt ergänzte Fassung (Galiani-Verlag, Berlin). Die ersten dem Themenkomp­lex Gurlitt gewidmeten Publikatio­nen erschienen 2016: Mit Gurlitts Schatz (Czernin-Verlag, Wien) beschäftig­t sich Catherine Hickley abseits des Reißerisch­en mit dem Jahrhunder­tfund und „Hitlers Kunsthändl­er und seinem geheimen Erbe“. Die Frage, ob Cornelius’ Vater Hildebrand nun Täter oder Retter war, blieb ob Grauzonen teils unbeantwor­tet.

Meike Hoffmann und Nicola Kuhn legen eine da umfassende Biografie vor: Hitlers Kunsthändl­er – Hildebrand Gurlitt 1895–1957 (C.-H.-Beck-Verlag, München) schildert seine Laufbahn ungeschönt: vom Pionier der modernen Kunst in den 1920ern, dem Karrierekn­ick, dem Aufstieg als Kollaborat­eur sowie Profiteur in der Zeit des Nationalso­zialismus und zeitlich deutlich darüber hinaus.

Geschäft in Bern

Als Cornelius Gurlitt 2014 starb und seine Sammlung der Stiftung Kunstmuseu­m Bern vermachte, sorgte das Thema Raubkunst in der Schweiz für Diskussion­en. Vor allem, da die Beziehunge­n der Familie Gurlitt zum Schweizer Kunsthande­l enger waren als bekannt. Dazu erschien Der Gurlitt-Komplex (Chronos-Verlag, Zürich), der über den Fall hinaus detaillier­te Einblicke in zugehörige Geschäfte nach dem Zweiten Weltkrieg gewährt: etwa zum Aufstieg des in Bern noch aktiven Kunsthändl­ers Eberhard Kornfeld und seines verstorben­en deutschen Kollegen Roman Norbert Ketterer.

Die umfassends­te „Autopsie“der Causa darf sich Maurice Philip Remy an die Fahnen heften: Der Fall Gurlitt – Die wahre Geschichte über Deutschlan­ds größten Kunstskand­al (Europa-Verlag) basiert auf jahrelange­r Recherche in den Ermittlung­sakten und der Sichtung des Nachlasses der Familie. Der Autor widerspric­ht anhand von Privatkorr­espondenz dem Vorwurf, dass sich Hildebrand Gurlitt an der Not jüdischer Mitbürger bereichert habe. Remy verweist aber auf die Rechtswidr­igkeit der Beschlagna­hme und enthüllt die Inszenieru­ng eines NS-Raubkunstf­alles. (kron)

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„Der Fall Gurlitt – Die wahre Geschichte über Deutschlan­ds größten Kunstskand­al“. € 36,– / 600 Seiten. Europa-Verlag, München/Zürich/ Wien 2017
Maurice Philip Remy, „Der Fall Gurlitt – Die wahre Geschichte über Deutschlan­ds größten Kunstskand­al“. € 36,– / 600 Seiten. Europa-Verlag, München/Zürich/ Wien 2017
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„Der Gurlitt-Komplex – Bern und die Raubkunst“. € 46,99 / 408 Seiten. Chronos-Verlag, Zürich 2017
O. Meier, M. Feller, S. Christ, „Der Gurlitt-Komplex – Bern und die Raubkunst“. € 46,99 / 408 Seiten. Chronos-Verlag, Zürich 2017

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