Der Standard

Libanon zwischen den Fronten

Immer noch sind die Umstände des Rücktritts von Libanons Premier Saad al-Hariri unklar. Berichte, er werde in Riad festgehalt­en, wies Hariri zurück. Frankreich­s Präsident Macron versucht zu vermitteln.

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Beirut/Riad/Wien – Seit über einer Woche befindet sich der libanesisc­he Premier Saad al-Hariri nun bereits in Saudi-Arabien. Die Umstände seines von dort aus überrasche­nd erklärten Rücktritts sind immer noch undurchsic­htig. Michel Aoun nennt sie „obskur und ungewiss“: Der libanesisc­he Präsident, der das Rücktritts­gesuch bisher noch nicht formell anerkannt hat, forderte Riad am Wochenende dazu auf, klarzustel­len, wieso Hariri bisher noch nicht in den Libanon zurückkehr­en konnte. Er äußerte Zweifel daran, dass Hariri seinen Rücktritt aus freien Stücken erklärt hat. Laut Nachrichte­nagentur Reuters sprach Aoun vor ausländisc­hen Botschafts­vertretern von „Kidnapping“.

Jedoch glauben nicht nur der Iran und der schiitisch­en Hisbollah nahestehen­de Politiker wie Aoun, dass Hariri gegen seinen Willen festgehalt­en wird. Auch enge Vertraute Hariris, die teils in der Regierung mit der Hisbollah sitzen, äußerten sich in dieser Richtung. Die Sprecherin des USAußenamt­s verwies „in Zusammenha­ng mit den Umständen seines Festgehalt­enwerdens“auf Riad und Hariris Büro. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron, der sich um Vermittlun­g bemüht, sagte, die politische­n Führer des Libanon „müssen Bewegungsf­reiheit haben“. Hariri selbst betonte in einem TV-Interview am Sonntagabe­nd, er könne sich frei bewegen und were bald in den Libanon zurückkehr­en.

Hariri hatte Anfang November seinen Rücktritt erklärt – und damit die Stabilität der fragilen Regierungs­koalition im Libanon ins Wanken gebracht. Seither wächst die Angst vor einem Stellvertr­eterkonfli­kt zwischen den in der Region rivalisier­enden Mächten Saudi-Arabien und Iran. Hariri be- gründete seine überrasche­nde Entscheidu­ng mit Mordplänen gegen ihn. Der libanesisc­he Geheimdien­st sagte, er wisse nichts von angebliche­n Attentatsp­länen. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah beschuldig­te Riad, dem Libanon den Krieg erklärt und Hariri zum Rücktritt gezwungen zu haben, um den Libanon zu destabilis­ieren.

Hariris Partei Al-Mustaqbal verurteilt­e am Wochenende Anschuldig­ungen gegen Saudi-Arabien und „iranische Einmischun­gen“in arabische Länder. Die Partei stehe weiter hinter Hariri und „wartet ungeduldig auf seine Rückkehr in den Libanon“.

Internatio­nal ist man um eine Entspannun­g der Krise bemüht. Frankreich­s Präsident Macron reiste bereits am Donnerstag vergangene­r Woche nach Riad, um die saudische Führung von der Wichtigkei­t politische­r Stabilität im Libanon – früher französisc­hes Mandatsgeb­iet – zu überzeugen. Die Kontinuitä­t der libanesisc­hen Staatsinst­itutionen müsse aufrechter­halten werden, vor allem angesichts der Konflikte in der Region, fügte er am Wochenende hinzu. Am Dienstag will Macron den libanesisc­hen Außenminis­ter Jebran Bassil in Paris empfangen.

Warnende Töne aus den USA

Sarah Sanders, Sprecherin von US-Präsident Donald Trump, warnte „Milizen im Libanon und ausländisc­he Mächte“davor, „die Institutio­nen des Libanon zu untergrabe­n“. Alle Länder und Gruppierun­gen müssten die Souveränit­ät des Libanon anerkennen. USAußenmin­ister Rex Tillerson hatte zuvor vor einem „Stellvertr­eterkrieg“im Libanon gewarnt.

Ein solcher tobt bereits seit zwei Jahren im Jemen. Angesichts der drohenden Hungersnot forderten Uno und EU eine vollständi­ge Öffnung des Landes für Hilfsliefe­rungen. Am Montag hatte die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoa­lition Häfen, Flughäfen und Zufahrtsst­raßen in das Land für Hilfsorgan­isationen geschlosse­n. Nach Warnungen der Uno wurden am Mittwoch der Hafen in Aden und am Donnerstag ein Grenzüberg­ang geöffnet. Am Sonntag öffneten zwei Flughäfen.

Die Koalition erklärte, mit der Blockade sollten Waffenlief­erungen des Iran an die Huthi-Rebellen unterbunde­n werden. Zuvor hatte Riad Teheran beschuldig­t, hinter einem Huthi-Angriff zu stehen, bei dem in der Nähe Riads eine Rakete abgefangen worden war. (maa, AFP)

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Saad al-Hariri und König Salman auf einem am Samstag vom saudischen Königshaus verbreitet­en Foto.

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