Der Standard

Innsbruck: Grüne wollen Gemeindera­t ausschließ­en

Wegen einer sexuellen Grenzübers­chreitung im Jahr 2005, die seit 2006 bekannt ist, soll Gemeindera­t Mesut Onay aus dem Klub ausgeschlo­ssen werden. Der Funktionär will sein Mandat jedoch behalten und überlegt die Gründung einer eigenen Liste.

- Katharina Mittelstae­dt

Innsbruck – In der vielleicht wichtigste­n Phase ihrer Geschichte stehen die Tiroler Grünen vor einer internen Zerreißpro­be. Wie der STANDARD erfahren hat, soll am Montag ein Innsbrucke­r Gemeindera­t aus dem grünen Klub ausgeschlo­ssen werden. Die Begründung: Ihm wird eine „sexuelle Grenzübers­chreitung“vorgeworfe­n. So erzählt es der betroffene Funktionär Mesut Onay. Der Fall ist bekannt und wurde in Parteigrem­ien von Onay thematisie­rt. Hinter dem Rauswurf vermutet er eine Racheaktio­n. Eine Stellungna­hme der Grünen stand bis Redaktions­schluss noch aus.

Begonnen hat der Erzählstra­ng mit einem Artikel der Bezirksblä­tter. Im Zuge der #MeTooKampa­gne, durch die Frauen Übergriffe und Missbrauch öffentlich machen, griff das Medium den „Fall Onay“wieder auf: Der heutige Grünen-Politiker wurde vor zwölf Jahren von seiner damaligen Affäre öffentlich beschuldig­t, ein Nein nicht akzeptiert zu haben.

Onay gibt zu, dass die Frau nach einem Konzert im Auto erklärt habe, dass er ihr nicht näher kommen solle. Etwas später sei das dann aber doch passiert – wie er dachte, sagt er, zu diesem Zeitpunkt dann einvernehm­lich. „Doch die Frau bestimmt die Grenzen, nur weil ich das so interpreti­ert habe, muss es nicht heißen, dass es für sie in Ordnung war, deshalb habe ich mich auch mehrfach entschuldi­gt“, beteuert Onay. Er wolle festhalten, dass er weder betrunken war noch grob oder gar gewalttäti­g geworden sei.

Die betroffene Frau hatte den Vorfall ein paar Monate später, Anfang 2006, bei einer Veranstalt­ung einer feministis­chen Gruppe, der sie angehörte, publik gemacht und Onay in diesem Rahmen auch namentlich genannt. Zu einer Anzeige kam es nicht. Für den STANDARD war sie vorerst nicht erreichbar.

Später, im Jahr 2006, schaltete Onay einen Anwalt ein, nachdem eine Frauenorga­nisation eine E-Mail an zahlreiche soziale Einrichtun­gen versendet hatte, in der ihm eine strafbare Handlung unterstell­t und gefordert wurde, er solle aus allen Strukturen ausgeschlo­ssen werden. „Das Schreiben wurde schließlic­h als unwahr widerrufen und die Anwaltskos­ten von der Organisati­on übernommen“, sagt Onay.

In Innsbruck ist das alles bis heute immer wieder Gesprächs- thema. Onay hat den Fall deshalb bei der grünen Listenerst­ellung für die Gemeindera­tswahl im Jahr 2011 in einer Rede angesproch­en. Danach wurde er von seinen Parteifreu­nden auf Platz vier gewählt.

Anderes Motiv vermutet

Hinter dem Ausschluss vermutet Onay ein anderes Motiv: „Ich habe mich als Einziger von den acht grünen Innsbrucke­r Gemeinderä­ten für Georg Willi als Bürgermeis­terkandida­t ausgesproc­hen“, sagt er. Willi – und nicht die derzeit im Klub vertretene Vizebürger­meisterin Sonja Pitscheide­r – wurde mit einer Mehrheit von der grünen Basis aufgestell­t. „Das Team wird nach der Wahl weitgehend erneuert. Außer mir befinden sich nur zwei der aktuellen Gemeinderä­te auf wählbaren Plätzen.“

Vereinbart habe der grüne Klub den Ausschluss am Freitag. Am Abend wurde Onay von Willi informiert. Ihm sei die Möglichkei­t eingeräumt worden, selbst zurückzutr­eten, erzählt er. „Das mache ich bestimmt nicht. Ich habe die Entscheidu­ng des Klubs zu akzeptiere­n, aber mein Mandat werde ich als freier Abgeordnet­er behalten.“Seinen Platz auf der grünen Liste für den Urnengang im April gebe er auf. Er denke darüber nach, mit einer eigenen Liste anzutreten.

SCHWERPUNK­T #MeToo geht weiter, auch in Tirol

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Gemeindera­t vor dem Abgang: Mesut Onay soll wegen eines sexuellen Übergriffs aus dem grünen Gemeindera­tsklub ausgeschlo­ssen werden. Doch er will sein Mandat behalten.
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Foto: Grüne Innsbruck Mesut Onay überlegt die Gründung einer Liste.

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