Vetropack will bei Glas noch mehr sparen
Ein schlechter Sommer kann für ein Unternehmen wie Vetropack Gift sein. Warum, sagt der Steirer Johann Reiter, künftiger Oberchef der Schweizer Gruppe.
INTERVIEW:
STANDARD: Was fasziniert Sie so an Glas, dass Sie als Geschäftsführer von Vetropack Schweiz/Österreich schon sieben Jahre tätig sind und als künftiger CEO der Gruppe wohl noch länger in der Branche bleiben? Reiter: Mich fasziniert, dass der Packstoff Glas immer wieder rezyklierbar ist, das gibt es sonst so gut wie nirgends. Und man kann ihn in fast jede beliebige Form bringen.
STANDARD: Der Edelstahlbereich, aus dem Sie ursprünglich kommen, war weniger reizvoll? Reiter: Das würde ich nicht sagen. Es ist ein total spannendes Geschäft, aber komplett anders. Im Edelstahlbereich waren unsere Abnehmer zu hundert Prozent industrielle Kunden. Dort ging es um Einzelstückfertigung. Die Qualitätsanforderungen waren extrem hoch und mit dem Risiko verbunden, dass man erst spät merkt, wenn etwas nicht passt. Dann sind in der Regel bereits vier Monate vergangen. Bei einer Losgröße von einem Stück ist das fatal.
STANDARD: Auf Vetropack und Sie gemünzt könnte man sagen, Gelegenheit macht Karriere? Reiter: Kann man. Ich bin in der Böhler-Edelstahl-Welt aufgewachsen. Ich wollte immer in einem technischen Beruf arbeiten, das ja. Dann hat der Zufall Regie geführt.
STANDARD:
Inwiefern? Reiter: Mein Jahrgang ist ein geburtenstarker. Ich wollte in der HTL Kapfenberg die Ausbildung beginnen, bin aber aufgrund zu vieler Bewerber nicht aufgenommen worden. Das war mühsam. Ich habe dann ein Jahr das Gymnasium besucht. Weil mir die Technik gefehlt hat, habe ich anschließend eine Lehrstelle gesucht. VEW (jetzt Böhler Edelstahl) hat Lehrlinge ausgebildet, u. a. Dreher und Fräser. So habe ich diesen Doppelberuf erlernt, ohne zu wissen, was mich erwartet.
STANDARD: Es muss also die Gelegenheit geben und ... Reiter: ... viel Eigeninitiative.
STANDARD: Das Geschäft mit Glasverpackungen ist zyklisch, im Moment steigt die Nachfrage wieder. Was sind die wesentlichen Treiber? Reiter: Ein großer Einflussfaktor ist das Wetter. Wenn wir wie dieses Jahr einen schönen Sommer haben, können die Absatzmengen um ein Fünftel bis ein Viertel steigen – oder antizyklisch um denselben Wert in die andere Richtung fallen. Ein leichter Trend ist spürbar. Die Gesellschaft denkt mehr an Nachhaltigkeit und passt das Kaufverhalten entsprechend an. So gibt es da und dort neue Angebote. Dazu gehört zum Beispiel, dass Mineralwasser wieder in Glasflaschen in den Handel gebracht wird. Das war vor zehn, 15 Jahren genau umgekehrt. Da hieß es weg vom Glas und hin zur PETFlasche. Auch bei der Verpackung anderer Produkte merken wir eine Renaissance von Glas, was gut ist, weil die Vorteile von Glas auf der Hand liegen: Glas ist inert, schützt wie ein Tresor und geht keine Verbindung mit dem Inhalt ein. Glas ist unendlich rezyklierbar.
STANDARD: Wo liegt der Fokus bei Ihren Innovationsbemühungen? Reiter: Bei Vetropack konzentrieren wir uns ganz klar auf verbes- schiedenen Berufen. Pöchlarn ist das Ausbildungszentrum der Vetropack-Gruppe, was auch wichtig ist für die Standortsicherung.
Standard: Wie viele unterschiedliche Produkte stellen Sie her?
In Österreich produzieren wir kontinuierlich knapp 550 Artikel pro Jahr, die Gruppe mehr als 3000. Das ist nachfragegetrieben, Kunden versuchen sich mit dem Design vom Mitbewerb zu differenzieren. Aber auch unser Standardsortiment ist breit gefächert.
Standard: Wohin wollen Sie als künftiger CEO des Unternehmens die Gruppe entwickeln?
Wachstum bleibt weiter ein Ziel, die Führung auf der Qualitätsseite ebenfalls. Wir arbeiten an allen Standorten nach den gleichen Prozessen und Qualitätsrichtlinien. Daher sind wir in der Lage, unsere Kunden grenzüberschreitend zu bedienen. Die Synergien, die sich daraus ergeben, müssen wir noch stärker nutzen.
Standard: Wenn es ein schlechtes Weinjahr gibt, wie rasch schlägt das auf Vetropack durch? Reiter: Das spüren wir sofort. Letztes Jahr gab es wegen des Frostes im April und Mai in Österreich eine geringere Ernte und dadurch einen Rückgang im Absatz von Weinflaschen. Insgesamt sieht es in Österreich heuer aber recht gut aus, in der Schweiz gibt es Mengenprobleme, auch in Italien.
Standard: Nach dem ersten Halbjahr 2017 gab es Zuwächse? Reiter: Vetropack ist insgesamt gut unterwegs. Wir haben einen Zuwachs auf der Absatzseite, auch beim Umsatz gibt es insgesamt ein Plus, Österreich ist besser als im Vorjahr, aber nicht ganz auf Budgetkurs im ersten Halbjahr.
Standard: Und bis Jahresende? Reiter: Die letzten beiden Monate sind die schwächsten. Der Großteil des Umsatzes wird im ersten Halbjahr gemacht mit Bierflaschen und Konservengläsern.
Standard: Wer folgt Ihnen in Österreich nach? Reiter: Der Verwaltungsrat der Vetropack-Holding hat Johann Eggerth zum Leiter des Geschäftsbereichs Schweiz/Österreich ernannt. Er startet mit 1. März 2018.
JOHANN REITER (56), Geschäftsführer von Vetropack Austria, rückt Anfang 2018 als erstes Nichtfamilienmitglied an die Spitze der Schweizer Holding. Reiter, der nach einer Ausbildung zum Dreher und Fräser bei Böhler Edelstahl (vormals VEW) in Kapfenberg tätig war, stieß 2010 zu Österreichs größtem Verpackungsglashersteller mit Standorten in Pöchlarn (NÖ) und Kremsmünster (OÖ). Der gebürtige Steirer ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder.