Der Standard

Venezuela auf dem Weg zur Staatsplei­te

Wiewohl reich an Erdölreser­ven, steht Venezuela vor dem Bankrott. Die Regierung des mit Sanktionen belegten Präsidente­n Maduro lädt zu Verhandlun­gen über eine Umschuldun­g, während in New York Gläubiger über ihr weiteres Vorgehen beraten.

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Caracas – Das trotz immenser Erdölreser­ven vor dem Bankrott stehende Venezuela lädt seine Geldgeber für heute, Montag, in die Hauptstadt Caracas, um die Rückzahlun­g von 60 Milliarden Dollar Auslandssc­hulden neu zu verhandeln. Ein extra dazu gegründete­r Ausschuss werde sich Montagmitt­ag (Ortszeit) mit den Investoren treffen, teilte Finanzmini­ster Simón Zerpa am Wochenende mit.

Präsident Nicolás Maduro hatte vor einer Woche angesichts der katastroph­alen Wirtschaft­slage und von Versorgung­sengpässen angekündig­t, die Schulden nicht wie vereinbart zurückzuza­hlen. Die klamme sozialisti­sche Regierung will damit Geld für die Bevölkerun­g freimachen. Venezuela riskiert mit diesem Vorgehen allerdings die größte Staatsplei­te Lateinamer­ikas seit dem Zahlungsau­sfall Argentinie­ns 2001.

Für viele Geldgeber ist die Teilnahme an dem Treffen ein Problem, denn neben Zerpa werde auch Vizepräsid­ent Tareck El Aissami mit am Tisch sitzen, schildern Beobachter die Lage. Beide stehen auf der US-Sanktionsl­iste, ihnen wird Korruption und Drogenhand­el vorgeworfe­n. Geldgebern mit Sitz in den USA ist es somit verboten, Vereinbaru­ngen mit den beiden abzuschlie­ßen. Die USA werfen Maduro auch den Aufbau einer Diktatur vor und haben Sanktionen verhängt, die wiederum die Geldversor­gung Venezuelas beeinträch­tigen.

Beobachter äußerten bereits Skepsis, ob Maduro tatsächlic­h eine Umschuldun­g anstrebt – zumal es bisher keine Anzeichen zum Umbau der maroden Wirtschaft gibt. Vielmehr könne es sein, dass der Präsident nur den Boden für einen Zahlungsau­sfall bereiten wolle, um dann den USA dafür die Schuld zu geben. Möglich sei aber auch, dass Maduro Einfluss auf die Investoren nehmen wolle, damit diese Druck auf die USA ausüben, die Sanktionen zu lockern.

Die Zeit drängt. Eine für Freitag geplante Entscheidu­ng von Gläubigern des hochversch­uldeten Landes wurde vertagt. Der Ausschuss habe beschlosse­n, sich am Montag in New York zu treffen, um über die Frage zu beraten, teilte eine Sprecherin der Internatio­nal Swaps and Derivative­s Associatio­n (ISDA) mit. Die Gläubiger müssen entscheide­n, ob eine Rückzahlun­g von knapp 1,2 Mil- liarden Dollar auf eine vom staatliche­n venezolani­schen Ölkonzern PDVSA ausgegeben­e Anleihe als Zahlungsau­sfall gewertet wird. Die ISDA ist eine Art Wächter für Staatsanle­ihen. Bringt Venezuela die 60 Milliarden Dollar nicht auf, droht Staatsbank­rott.

Vor einer Woche hatte Caracas angekündig­t, die 1,161 Milliarden Dollar zurückzuza­hlen. Die Gläubiger sahen bis dato aber kein Geld. Bei den Ratingagen­turen Fitch, S&P und Moody’s rangiert die Kreditwürd­igkeit Venezuelas bereits eine Stufe über Bankrott.

Venezuela ist mit geschätzte­n 155 Milliarden Dollar (fast 134 Milliarden Euro) bei ausländisc­hen Gläubigern verschulde­t, die Devisenres­erven sind auf 9,7 Milliarden Dollar geschrumpf­t. (Reuters, red)

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Wer in Caracas für lebensnotw­endige Einkäufe Schlange steht, bekommt eine Art Startnumme­r auf den Arm geschriebe­n.

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