Der Standard

Literatur und Lebenskuns­t in politische­n Katastroph­enzeiten

Gutes Lesewetter und zuversicht­liche Stimmung in der Messehalle: Zum Abschluss der Buch Wien

- Stefan Gmünder

Wien – Es gehe in der Literatur, schrieb William Faulkner zu Albert Camus’ Tod, nicht um das Finden von Antworten. Er sei aber davon überzeugt, „dass es ständig und ohne Unterlass eines der menschlich­en Absurdität teilhaftig­en Sterbliche­n“bedürfe, der die richtigen Fragen stelle. Um dies tun zu können, habe sich der Künstler, sagte Camus einmal, in der Galeere der Zeitgenoss­enschaft einzuschif­fen. Und zwar in den unteren Decks, zusammen mit jenen, die Geschichte nicht machen, sondern sie erleiden.

Von politische­n Absurdität­en, verzweifel­ter Suche nach Antworten und einem Glück, das sich nicht erzwingen, aber durch Literatur beschwören lässt, sprach auch Karl-Markus Gauß in seiner Rede, mit der er Mittwochab­end die Buch Wien eröffnete. Ausgehend von einer Gemeinde in der Westschwei­z (20.000 Einwohner) und ihrer Bibliothek, die Bücher in 280 Sprachen verleiht, viele davon in den Sprachen der aus mehr als 100 Ländern zugewander­ten Einwohner, schlug Gauß den Bogen von der österreich­ischen Innenpolit­ik über das Thema Immigratio­n bis zur Forderung, dass sich die Literatur heute dem „zunehmende­n Zwang zur Übertreibu­ng und Überbietun­g“zu widersetze­n habe.

Mühen der Ebene

Gauß’ Rede war ein wuchtiger und politische­r Auftakt zur viertägige­n Wiener Buchmesse, die gestern zu Ende ging. Die zehnte Ausgabe der als Lesefestiv­al und Buchmesse konzipiert­en Buch Wien gab sich in der Halle D des Wiener Messezentr­ums unaufge- regt und routiniert. Obwohl der Termin der Wiener Messe, die jeweils im November, also kurz nach der Frankfurte­r Buchmesse, stattfinde­t, für die Verlage nicht optimal liegt, haben auch heuer wieder 350 Aussteller, viele davon in Gemeinscha­ftsständen, ihre Novitäten im Rahmen der Buch Wien präsentier­t, während Hunderte von Lesungen über die acht Messebühne­n gingen.

Es liegt in der Natur von Buchmessen, und es macht auch ihren Reiz aus, dass ein breites literarisc­hes Spektrum vom antiquaris­chen Buch bis zum abgedrehte­n Unterhaltu­ngsschmöke­r, vom Kinderbuch bis zum hochlitera­rischen Roman abgedeckt wird. Das führt zu Unübersich­tlichkeit und dem Eindruck von Beliebigke­it. Mit etwas Entdeckerg­lück lässt sich aber für jede Lesevorlie­be an der Buch Wien ein Verlag finden.

Auch das Wetter spielte heuer mit, das heißt, es war am Sonntag schlecht, was viele Buchaffine in die Halle zog. Entspreche­nd aufgeräumt war die Stimmung unter den Aussteller­n. Jürgen Schütz, Verleger des Wiener Septime-Verlages, weist auf die zahlreiche­n Kontakte hin, die sich auf der Messe auch mit Lesern schließen lie- ßen. Ein Problem sieht er aber in den Standmiete­n, die bei der Buch Wien fast gleich seien wie bei der Frankfurte­r Buchmesse.

Angesproch­en auf die relativ hohen Quadratmet­erpreise weist Benedikt Föger, Präsident des die Messe organisier­enden Hauptverba­ndes des Österreich­ischen Buchhandel­s (HVB), darauf hin, dass die Halle gemietet und die Kosten kalkulator­isch bewältigt werden müssten.

Allerdings sei auch die Wirkung, die sich auf der kleineren und konzentrie­rteren Buch Wien für Verlage erzielen lasse, höher als in Frankfurt. Natürlich, so Föger weiter, werde man sich darum bemühen, das Umfeld, auch was Standmiete­n betreffe, für Verlage möglichst attraktiv zu gestalten – und die Messe wie die letzten Jahre weiterzuen­twickeln. pwww. buchwien.at

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Foto: APA / Georg Hochmuth Navigation in der Neuerschei­nungsflut auf der Buch Wien.

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