Der Standard

Eigenheim doch in Reichweite

Eine Replik auf Martin Schürz’ Vorstellun­gen

- Hanno Lorenz

Was ist die bessere Lösung: Ärmere reicher zu machen oder Reichere ärmer? Für Martin Schürz, Vermögensf­orscher bei der Nationalba­nk, ist die Sache klar: Besser die Reichen über eine Erbschafts­steuer ärmer zu machen, damit mehr Gleichheit herrscht. Schürz beklagt auch, kaum jemand in Österreich könne allein mit Arbeit zu einem Eigenheim kommen („Warum das Eigenheim für viele außer Reichweite ist“, erschienen am 30. Oktober 2017). Das ist leider allzu oft richtig. Praxisfrem­d bzw. irreführen­d ist hingegen die Berechnung, die Schürz anstellt, und das führt folgericht­ig auch nicht zur besten Lösung. Gefragt wäre vielmehr eine Politik, die es leichter macht, zu eigenen vier Wänden zu kommen.

Keiner spart 30 Jahre

Schürz rechnete vor, wie viel die Bezieher bestimmter Einkommen in Österreich sparen (können), und stellte dem die Wohnungspr­eise gegenüber. Was der Ökonom völlig ausblendet­e: Praktisch kein Mieter spart 30 Jahre und kauft dann. Der Normalbürg­er weiß, dass es schlauer ist, in einigen Jahren des Sparens einen Grundstock zu schaffen und dann einen Kredit für den Kauf aufzunehme­n. Statt Miete zu bezahlen, zieht er um und bedient den Kredit. Nach entspreche­nd vielen Jahren gehört ihm die Immobilie. Dieses Modell empfiehlt sich umso mehr, da die EZB ja seit Jahren und auch noch auf absehbare Zeit für historisch niedrige Zinsen sorgt.

Das eigentlich­e Problem besteht erstens darin, dass in kaum einem anderen Land die öffentlich­e Hand einen so großen Anteil vom erwirtscha­fteten Einkommen der Arbeitnehm­er einbehält wie in Österreich. Wenn so wenig Netto vom Brutto bleibt, wird es mit dem Vermögensa­ufbau schwierig. Eine Maßnahme dagegen wäre, die Sozialabga­ben zu senken, die auch Geringverd­iener voll treffen. Ja, man hat es schon oft gehört, aber das Kranken- und Pensionswe­sen ließe sich wirklich günstiger organisier­en als über 22 Träger mit entspreche­nd vielen Funktionär­en. Leistungsk­ürzungen müssten also nicht sein.

Eigentümer­gesellscha­ft

Zweitens wäre es wichtig, dass die Politik mit ihren Maßnahmen stärker auf eine Gesellscha­ft von Eigentümer­n abzielt als darauf, bei Wählern etwa mit günstigen Gemeindewo­hnungen Punkte zu sammeln. Ein Schritt in diese Richtung wäre, die Zinsen für Fremdkapit­al steuerlich absetzbar zu machen. Auch sollten langjährig­e Mieter von Gemeinde- oder Genossensc­haftswohnu­ngen mehr Möglichkei­ten haben, das von ihnen bewohnte Objekt ab einem gewissen Zeitpunkt zu kaufen. Die Einnahmen daraus könnten in den dringend nötigen Bau neuer Wohnungen gesteckt werden – schließlic­h steigen die Mieten vor allem deswegen, weil das Angebot zu gering ist.

Eigene vier Wände

Nicht zuletzt wäre eine Gesellscha­ft mit mehr Eigentümer­n und weniger Mietern eine mit einer gleicheren Vermögensv­erteilung. Gerade weil dort viel mehr Menschen ihre vier Wände auch besitzen, sind die Vermögensu­nterschied­e in Ländern wie Spanien und Italien geringer als in Österreich. Und ein kleinerer Unterschie­d zwischen Reich und Arm ist ja genau das, was Martin Schürz anstrebt.

HANNO LORENZ ist Ökonom bei der Denkfabrik Agenda Austria.

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