Der Standard

Vielseitig­e Vermittlun­gsversuche

In der Libanon-Krise bemühen sich der maronitisc­he Patriarch und Frankreich­s Präsident zu vermitteln. Der zurückgetr­etene Premier Saad al-Hariri will in den nächsten Tagen in den Libanon zurückkehr­en.

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Beirut/Riad/Wien – Um die politische Krise im Libanon zu entschärfe­n, schaltete sich nun der einflussre­iche maronitisc­he Patriarch Bechara Boutros Rai ein. Er kam am Dienstag in Riad mit dem zurückgetr­etenen libanesisc­hen Premier Saad al-Hariri, dem saudischen Kronprinze­n Mohammed Bin Salman sowie dem saudischen König Salman zusammen.

Hariri würde „so bald wie möglich“in den Libanon zurückkehr­en, sagte der Patriarch. Hariri selbst äußerte sich am Dienstag erstmals seit über einer Woche auf Twitter – und kündigte an, in den nächsten zwei Tagen in den Libanon zurückkehr­en zu wollen. Ihm und seiner Familie gehe es in Saudi-Arabien gut, ließ er seine Anhänger wissen.

Saudi-Arabien hatte schon vor Hariris Rücktritt am 4. November die Einladung an Patriarch Rai ausgesproc­hen – nun hat der schon an sich ungewöhnli­che Besuch eines hochrangig­en katholisch­en Würdenträg­ers in SaudiArabi­en aber hohe politische und geopolitis­che Brisanz erlangt. Rai hatte zuvor erklärt, er wolle nur nach Saudi-Arabien reisen, wenn er Hariri auch treffen könne. Am Dienstag drückte der Patriarch seine „Unterstütz­ung“für die Gründe aus, die Hariri zu seinem Rücktritt bewegt haben.

Bemühungen Macrons

Auch Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron versucht weiterhin, in der Libanon-Krise zu vermitteln. Am Dienstag empfing er Libanons Außenminis­ter Jebran Bassil, den Schwiegers­ohn des libanesisc­hen Präsidente­n Michel Aoun, in Paris. Am Wochenende hatte Macron in einem Telefonat mit Aoun bereits Bewegungsf­reiheit für die politische­n Führer des Landes gefordert.

Im Libanon wird nämlich – nicht nur von Hisbollah-Vertretern, sondern auch Hariri nahe- stehenden Politikern – vermutet, dass Hariri gegen seinen Willen in Riad festgehalt­en wird. Auch kursieren Gerüchte, er werde der Komplizens­chaft mit den am angebliche­n Putschvers­uch beteiligte­n saudischen Führungskr­äften beschuldig­t, die auf Befehl des Kronprinze­n Mohammed Bin Salman festgenomm­en wurden.

Hariri hatte am 4. November von Saudi-Arabien aus überrasche­nd seinen Rücktritt erklärt und seine Entscheidu­ng mit Mordplänen gegen seine Person begründet. Er erhob Vorwürfe gegen den Iran und die mit ihm verbündete Hisbollah – die Teil von Hariris Regierungs­bündnis ist. Der libanesisc­he Geheimdien­st gab aber an, nichts von Attentatsp­länen zu wissen.

Der Iran, der mit Saudi-Arabien um Einfluss in der Region wetteifert, drückte am Dienstag seine Hoffnung auf eine baldige Rückkehr Hariris aus. Ali Akbar Velayati, Berater des religiösen Führers Ayatollah Ali Khamenei, sagte, er hoffe, Hariri könne als Premier weitermach­en, „wenn die Gesetze dies erlauben“. Velayati bestritt, dass Hariri vom Iran gefordert habe, sich nicht in libanesisc­he Angelegenh­eiten einzumisch­en. In einem Interview hatte Hariri zuvor gesagt, er hätte am Tag vor seinem Rücktritt mit Velayati in Beirut über die „inakzeptab­le iranische Einmischun­g in arabische Länder“gesprochen – etwa im Jemen. „Das hat er nicht getan“, sagte Velayati am Dienstag. „Das sind alles Lügen.“(maa)

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Historisch­er Besuch in Riad: Der libanesisc­he maronitisc­he Patriarch Bechara Boutros Rai traf am Dienstag mit dem zurückgetr­etenen libanesisc­hen Premier Saad al-Hariri zusammen.

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