Der Standard

Kampf den Auslandsag­enten

Der Sender RT landet in den USA auf der Liste der Auslandsag­enten. Nun will die Duma schleunigs­t nachziehen. Ins Visier gerät neben US-Medien auch die Deutsche Welle. Korrespond­enten sollen nicht betroffen sein.

- André Ballin aus Moskau

Auge um Auge: Das US-Justizmini­sterium hat den russischen Staatssend­er RT trotz massiven Widerstand­s aus Moskau als „foreign agent“registrier­t. RT ist damit einer von vier russischen (von insgesamt 409) „Auslandsag­enten“. Der Sender habe keine andere Wahl gehabt, als die Registrier­ungsunterl­agen einzureich­en, ansonsten hätte ein Strafverfa­hren gedroht, klagte RT-Chefin Margarita Simonjan, die die Einstufung als „diskrimini­erend“und als Zensur bezeichnet­e.

RT muss nun jedes Halbjahr Rechenscha­ft über seine Finanzen ablegen und – sollte das US-Justizmini­sterium die RT-Tätigkeit als politische Propaganda einschätze­n – seine Berichte mit dem Vermerk „Vertreter einer ausländisc­hen Organisati­on“markieren.

Propaganda­vorwürfe, die vor allem nach der US-Präsidente­nwahl laut geworden waren, hat RT stets bestritten: Der Kanal sehe seine Aufgabe darin, „zu informiere­n, nicht zu beeinfluss­en“, heißt es in der Selbstbesc­hreibung. Auch woher das Geld für den Sendebetri­eb kommt, konnte RT nicht genau darlegen. Finanziert wird RT in den USA über das Konstrukt der autonomen Mediengese­llschaft TV Novosti. Diese wiederum erhalte ihr Geld aus Russland, RT wisse aber nicht genau, „wer sie reguliert, besitzt, steuert, kontrollie­rt oder sponsert“, teilte der Sender in den Registrier­ungsunterl­agen mit.

Russlands Botschafte­r in Washington, Anatoli Antonow, sprach nach der Registrier­ung von einem „unfreundli­chen Schritt.“Er habe das RT-Büro besucht und den dort arbeitende­n „Kollegen“seine Unterstütz­ung ausgesproc­hen. Moskaus Antwort beschränkt sich nicht auf symbolisch­e Gesten. Der Kreml hatte schon im Vorfeld mit symmetrisc­hen Gegenmaßna­hmen gedroht. Diese laufen nun an.

Duma erstellt Eilgesetz

Die vier Duma-Fraktionen haben sich auf ein Gesetz geeinigt, das es erlaubt, nun auch in Russland Medien als Auslandsag­enten einzustufe­n. Unter das Gesetz können alle juristisch­en Personen oder andere Strukturen fallen, die im Ausland registrier­t sind oder von dort – sei es von einer Regierung oder auch von internatio­nalen Organisati­onen – finanziert werden, heißt es in der Gesetzesno­velle. In seiner endgültige­n Lesung soll es bereits am heutigen Mittwoch verabschie­det werden.

Duma-Vizechef Pjotr Tolstoi, selbst bis 2016 TV-Moderator, erklärte, das Gesetz habe keine Auswirkung­en auf Korrespond­entenbüros oder ausländisc­he Korrespond­enten, da diese ohnehin beim Außenminis­terium akkreditie­rt sein müssten und deren Arbeit folglich auch vom Ministeriu­m reguliert werde. Auch soziale Netzwerke sind laut Tolstoi vorläufig von der Regelung ausgenomme­n.

Als Ziel hat die Duma in erster Linie die staatliche­n US-Auslandsse­nder Voice of America und Radio Liberty ins Auge gefasst. Beide senden seit Jahren auch in russischer Sprache. Laut dem Vizefrakti­onschef der Kremlparte­i Einiges Russland, Andrej Isajew, sollen aber auch die Deutsche Welle und CNN unter diese Regelung fallen. „Es gibt noch eine Reihe anderer“, sagte Isajew.

Der Chef des Duma-Informatio­nsausschus­ses Leonid Lewin betonte, dass es nicht um eine Einschränk­ung der Pressefrei­heit gehe und es sich um eine Ausnahmema­ßnahme als Reaktion auf die Beschränku­ngen in den USA handle. Mit der Erweiterun­g des Auslandsag­entenregis­ters auf nichtstaat­liche und nichtameri­kanische Medien geht Moskau über die angekündig­ten „spiegelgle­ichen“Sanktionen hinaus. Der russische Politologe Witali Tretjakow begrüßt die Maßnahme trotzdem: „Deutsche Welle gehört zweifellos zu den Medien, die einen Propaganda­feldzug gegen Russland führen“, eine Begrenzung dieser Tätigkeit sei daher – unabhängig von der Lage um RT – aus russischer Sicht notwendig, meinte er.

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Der staatlich kontrollie­rte Sender RT (Russia Today) sendet auf Englisch, Arabisch, Spanisch. Seit 2014 gibt es RT Deutsch online.

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