Der Standard

Verkauf von Ölförderli­zenzen bringt Norwegen vor Gericht

NGOs klagten Regierung – Entscheidu­ng erst 2018

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Oslo/Bonn/Wien – Norwegen vergibt Ölförderli­zenzen in der Arktis. Das ist laut Umweltschü­tzern verfassung­swidrig und verstößt auch gegen das Klimaschut­zabkommen von Paris. Deshalb ziehen Greenpeace und Nature & Youth vor Gericht und klagen die norwegisch­e Regierung. Der Prozess hat am Dienstag begonnen.

Die norwegisch­e Regierung hatte im Juni 2016 neue Ölförderli­zenzen in der Arktis an insgesamt 13 Ölkonzerne vergeben, darunter ist auch die OMV. „Man kann nicht gleichzeit­ig als eines der ersten Länder das Klimaschut­zabkommen unterschre­iben und wenig später noch unangetast­ete Regionen in der Arktis für Ölförderun­gen öffnen“, sagte Adam Pawloff von Greenpeace Österreich.

Neben dem Klimavertr­ag argumentie­rt Greenpeace mit der norwegisch­en Verfassung: Diese garantiert in Paragraf 112 eine „gesunde und sichere Umwelt für kommende Generation­en“. Mit der Förderung von Öl nehme Norwegen aber zum einen den fortschrei­tenden Klimawande­l in Kauf, zum anderen mögliche Ölkatastro­phen.

Gleichzeit­ig wird noch bis Freitag auf der 23. Klimakonfe­renz in Bonn gegen die Klimaerwär­mung gekämpft: Unter dem Vorsitz des Inselstaat­s Fidschi soll geklärt werden, wie die Erwärmung auf zwei oder noch besser auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustr­iellen Zeitalter beschränkt werden soll. Klar ist: Um dieses Ziel zu erreichen, muss ein Groß- teil der bekannten Reserven an Öl und Kohle im Boden bleiben, nämlich 80 Prozent.

Laut Norwegens Generalsta­atsanwalt Fredrik Sejersted halte der Staat diesen Fall im Hinblick auf gesellscha­ftliche Fragen für wichtig. Auch die Frage, wie ein verfassung­srechtlich­er Paragraf ausgelegt werde, sei zentral. Gleichzeit­ig sei es nach Meinung der Regierung ziemlich klar, dass die Behörden alle Verpflicht­ungserklär­ungen zum Umwelt- und Klimaschut­z erfüllt hätten und das auch weiterhin tun würden, sagte Sejersted zum Guardian.

Hochsensib­le Arktis

In der Arktis wird etwa ein Fünftel der weltweiten Erdöl- und Erdgasrese­rven vermutet. Die großen Anrainerst­aaten des Nordpolarm­eers sind Russland, Dänemark, Kanada, die USA und Norwegen – die sogenannte­n „Arctic Five“. Sie dürfen territoria­le Ansprüche erheben.

Doch das Unfallrisi­ko wird in der rauen See als hoch eingeschät­zt. Auch die Gefahr, dass das fast unberührte Ökosystem rund um den Nordpol durch Transitrou­ten schwer geschädigt werden könnte, ist groß. Kommt es zu einem Ölaustritt, würde sich das Ökosystem langsamer erholen, da die Mikroorgan­ismen bei niedrigen Temperatur­en das Öl deutlich langsamer zersetzen.

Der Gerichtspr­ozess in Oslo dauert bis 23. November. Eine Entscheidu­ng soll spätestens drei Monate später folgen. (july)

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