Der Standard

Hilferuf bei der Nestroy- Gala

Minister Drozda lässt Asylbesche­id von Iraker prüfen

- Colette M. Schmidt

Wien – Viele Wiener Theaterbes­ucher kannten seine Geschichte schon, ohne es zu wissen: die eines Irakers, der aus seiner Heimat floh und vor zwei Jahren in Wien landete. Seine Geschichte inspiriert­e nämlich jene der Figur des Yousef im Erfolgsstü­ck Lost and Found der israelisch­en Regisseuri­n Yael Ronen am Volkstheat­er. Auf der Bühne erzählte Schauspiel­er Osama Zatar von seiner gefährlich­en Flucht und den Gründen für den Weggang aus der Heimat.

Von Milizen verfolgt

Dahinter steht ein echtes Schicksal. Jenes von Yousif A., sein Vorname unterschei­det sich nur durch einen Buchstaben: Er soll von schiitisch­en Milizen verfolgt worden sein, floh über die Türkei und landete schließlic­h in Wien vor der Tür seiner in Deutschlan­d aufgewachs­enen Cousine, Seyneb Saleh. Sie ist Schauspiel­erin am Volkstheat­er. Am Montag erhielt eine Kollegin Salehs den Nestroy als beste Nebendarst­ellerin: Birgit Stöger.

Stöger spielte in Lost and Found die Cousine vom Bühnen-Yousef, und ihr war bei der Gala anzusehen, dass ihre Freude über den Preis überschatt­et war: Denn am Montag wurde auch der Asylbesche­id des „echten“Yousif erstinstan­zlich abgelehnt. Dabei habe er mittlerwei­le Deutsch gelernt und Kurse an der Uni besucht und hätte mehrere Jobangebot­e, wenn er denn arbeiten dürfte, so Stöger bei ihrer Rede, die so gar keine launige Dankesrede wurde. „Wenn der österreich­ische Staat Yousif abschiebt, dann kommt das einem Todesurtei­l gleich“, schloss Stöger ihre Ansprache, die das Ronen-Ensemble, dem A. mittlerwei­le ein guter Freund wurde, gemeinsam verfasst hatte.

Der bei der Verleihung anwesende Kulturmini­ster Thomas Drozda (SPÖ) versprach noch am selben Abend, dass er sich um den Fall kümmern würde. Im Gespräch mit dem Standard am Dienstag bekräftigt Drozda dieses Verspreche­n. Zunächst müsste er sich aber „natürlich alle Unterlagen zum Fall ansehen“, er stehe mit der Direktion des Volkstheat­ers deshalb schon in Kontakt.

„Klar ist, dass es sich hier um ein rechtsstaa­tliches Verfahren handelt“, so Drozda, „und auf Basis des erstinstan­zlichen Verfahrens droht ihm keine unmittelba­re Abschiebun­g“. Drozda sei „sehr bewegt“gewesen von den Worten Stögers und auch von jenen des Preisträge­rs des Inklusions­preises Michael Turinsky.

Man werde gegebenenf­alls das Formuliere­n der Beschwerde gegen den Asylbesche­id durch einen guten Menschenre­chtsanwalt unterstütz­en, so der Minister weiter, „und ich werde Innenminis­ter Wolfgang Sobotka jedenfalls sagen, er soll sich den Fall genau anschauen“.

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