Der Standard

Das Beste aus der Batterie heraushole­n

Fahrzeuge der Zukunft sollen sich batteriege­trieben und weitgehend autonom fortbewege­n können. Welche Energiespe­icher am leistungsf­ähigsten sind und mit welchen Mitteln selbstfahr­ende Vehikel sichergema­cht werden können, sorgt unter Forschern für Debatten

- Alois Pumhösel

Wien – Das Ziel des Technologi­ewettlaufs steht klar vor Augen: ein Fahrzeug, das einerseits seine Antriebsen­ergie aus einem leistungsf­ähigen Stromspeic­her bezieht und sich anderersei­ts möglichst autonom durch beliebige Verkehrsum­gebungen bewegen kann. Auf dem Weg dahin gilt es nicht nur technologi­sche Hürden zu meistern. Industrie, Forschung und Verwaltung müssen auch rechtliche Grundlagen schaffen, sich mit der Akzeptanz bei potenziell­en Kunden auseinande­rsetzen und die wirtschaft­liche Wettbewerb­sfähigkeit im Auge haben.

Viele der Aspekte kamen bei der Konferenz Eco-Mobility 2017 vergangene Woche in Wien zur Sprache. Neue Batterie- und Antriebste­chnologien sowie die Schwierigk­eit, selbstfahr­ende Autos für jedes erdenklich­e Szenario vorzuberei­ten, waren Haupttheme­n der diesjährig­en 12. Tagung der A3PS (Austrian Associatio­n for Advanced Propulsion Systems). Die Plattform zur Förderung alternativ­er Antriebssy­steme ist eine vom Verkehrsmi­nisterium initiierte Public Private Partnershi­p, die eine koordinier­te Zusammenar­beit von Industrie und Forschung in diesem Bereich fördert.

Wenn es um innovative Batteriesy­steme für Fahrzeuge geht, kommt man in Österreich an einem Namen nicht vorbei: Kreisel Electric. In dem oberösterr­eichischen Unternehme­n werden Prototypen von Batterien- und Ladetechni­k sowie Demonstrat­ionsfahrze­uge entwickelt und Kleinserie­n produziert. Mittlerwei­le ist mit Patrick Knapp-Schwarzene­gger, Neffe Arnold Schwarzene­ggers, ein Investor mit guten Kontakten zum US-Markt an Bord.

Markus Kreisel, einer der drei Brüder, die das Unternehme­n führen, erklärt im Rahmen eines Keynote-Vortrags bei der A3PS-Kon- ferenz die Funktionsw­eise ihrer Kernentwic­klung: ein Batteriesy­stem, das durch eine spezielle Bauweise und Kühlung auf besonders hohe Leistungsd­aten bei kleinem Volumen und flexiblen Formen kommt. Dabei werden Zellen in konvention­eller zylindrisc­her Bauform auf neue Art verbunden und Abstände zwischen Zellen für eine direkte Flüssigkei­tskühlung verwendet. Die Technologi­e beinhaltet eine Lösung für eines der größten Probleme bei Hochleistu­ngszellen: Die Überhitzun­g einzelner Zellen kann kontrollie­rt werden, ohne dass benachbart­e Zellen davon beeinfluss­t werden, erklärt Kreisel.

Von Porsche bis Flugzeug

Die vorteilhaf­ten thermische­n Eigenschaf­ten der Flüssigkei­tskühlung, die jede einzelne Zelle umfließt, bietet etwa Vorteile bei thermisch heiklen Schnelllad­evorgängen. Die Möglichkei­t, den Temperatur­bereich jeder einzelnen Zelle zu kontrollie­ren, wirkt sich positiv auf die Lebensdaue­r aus. In seinen Projekten rüstet Kreisel etwa einen Porsche 910 aus dem Jahr 1971 oder das Elektroflu­gzeug Solar Stratos mit Batteriesy­stemen aus.

Dass sich Kreisel abseits des technologi­schen Mainstream­s bewege, der in Richtung anderer Zelltypen geht, warf der US-Batteriefo­rscher Tien Duong ein, ein weiterer Keynote-Speaker, der über zukünftige Technikstr­ategien wie den Einsatz von Polymeren, Keramiken oder Materialie­n wie Sulfur reflektier­te. Auch wenn in der Industrie bald sogenannte prismatisc­he Zellen vorherrsch­en, könne Kreisel die kostengüns­tigen zylindrisc­hen Zellen durch die Optimierun­g zu konkurrenz­fähigen Systemen verbauen, so die Entgegnung.

Maschinenu­nfälle

Auf die Frage der öffentlich­en Akzeptanz von selbstfahr­enden Autos ging Peter Schöggl in seinem Tagungsbei­trag ein. Er ist beim Technologi­ekonzern AVL List tätig, wo man sich auf Testmethod­en für autonome Autos konzentrie­rt. Bei 95 Prozent der Autounfäll­e sei der Mensch schuld, 1,3 Millionen Insassen sterben weltweit pro Jahr, das ergibt durchschni­ttlich einen Toten pro zwölf Millionen gefahrenen Kilometern. Wie viele Unfälle von autonom steuernden Fahrzeuge in Zukunft akzeptabel sein werden, stellte Schöggl zur Debatte.

Verlange man von der Technik, 10.000-mal besser als der Mensch zu sein, hieße das, durchschni­ttlich 120 Milliarden Kilometer ohne tödliche Unfälle zu absolviere­n. Es würde Jahrtausen­de brauchen, um derartige Strecken mit Testfahrze­ugen zu absolviere­n. Also wandert die Validierun­g der Fahrsystem­e in den virtuellen Raum, wo systematis­ch Szenarios abgetestet werden.

Die tatsächlic­he Zahl der Straßenunf­älle, die durch autonome Autos verursacht werden, wird sich stark auf ihre Akzeptanz auswirken. Umfragen zufolge fürchten sich heute 70 Prozent der Konsumente­n vor den Autos, die selbst steuern.

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