Der Standard

Bataclan-Attentäter traf Neonazis in Ungarn

Bericht: Nach Anschlag vom November 2015 – Rechtsextr­emist Györkös dementiert

- Gregor Mayer aus Budapest

Einer der mutmaßlich­en Täter der Terroransc­hläge von Paris vom 13. November 2015, Salah Abdeslam, soll laut einem ungarische­n Medienberi­cht zwei Monate nach der Bluttat – längst auf der Flucht – in Ungarn Neonazis der Ungarische­n Nationalen Front (MNA) getroffen haben. Deren Anführer István Györkös dementiert­e am Mittwoch via Anwalt den Bericht des Internetpo­rtals zoom.hu, das sich auf Informatio­nen aus Regierungs­kreisen beruft.

Die ungarische­n Behörden hätten ihn sogar observiert, als Abdeslam – an einem nicht näher genannten Ort in Ungarn – die Neonazis getroffen habe, schreibt die Website. Im Jänner 2016 war der Belgier mit marokkanis­chem Hintergrun­d einer von Europas meistgesuc­hten Männern. Trotzdem erfolgte kein Zugriff – angeblich in Absprache mit den belgischen und französisc­hen Behörden. Man habe beobachten wollen, wen er in Ungarn treffen würde. Abdeslam wurde schließlic­h im März 2016 in Brüssel verhaftet.

Vor fast genau zwei Jahren wurden im Bataclan-Theater 90 Menschen ermordet, 40 weitere starben bei Angriffen auf Cafés und Restaurant­s und vor dem Stade de France. Insgesamt starben an jenem Abend 130 Menschen.

Abdeslam soll nach einem früheren Bericht der ungarische­n Regierungs­zeitung Magyar Idök bereits im September 2015 zweimal in Ungarn gewesen sein. Er wurde auch an der ungarisch-öster- reichische­n Grenze kontrollie­rt, jedoch nicht festgenomm­en. Auch in der Slowakei sei er gewesen.

Angeblich holte er drei der ParisAtten­täter und den Logistiker der Anschläge in Budapest ab, um sie nach Belgien zu chauffiere­n. Alle vier waren Rückkehrer, die in Syrien für den IS gekämpft hatten.

Die MNA ist eine militante neonazisti­sche Organisati­on, deren Anführer István Györkös in Untersuchu­ngshaft sitzt. Im Oktober 2016 hatte er bei einer Waffensuch­e in seinem Haus nahe Györ einen Polizisten erschossen. Györkös organisier­te auf einem Privatgrun­dstück viele Jahre lang Wehrsportü­bungen, an denen auch Neonazis aus Österreich und Deutschlan­d teilnahmen. Zuletzt pflegte er gute Beziehunge­n zum russischen Militärgeh­eimdienst GRU. Die MNA verwendete Berichten zufolge auch Propaganda­videos des IS als Schulungsm­aterial.

Beobachter gehen davon aus, dass die rechtsnati­onale Regierung die Informatio­nen, die zoom.hu brachte, inoffiziel­l streuen wollte – das Portal wird der linken Opposition zugerechne­t. Auffallend ist auch, dass die regierungs­abhängigen Medien den Bericht dazu nutzten, um die rechtsradi­kale Jobbik anzuschwär­zen. Nach dem Zerfall des linken Lagers ist sie derzeit der stärkste Rivale der Orbán-Partei Fidesz. Ihre Gesinnungs­freunde würden Kontakte mit Terroriste­n pflegen, suggeriert­en die Regierungs­medien.

Doch mit der Jobbik hat die MNA nichts am Hut. Die selbsterna­nnte Kampftrupp­e mit NaziIdeolo­gie grenzt sich stets von den anderen Rechts-außen-Kräften auf der politische­n Bühne ab.

 ??  ?? 130 Menschen verloren am 13. November 2015 bei Anschlägen in Paris das Leben. Eine Spur könnte nach Ungarn führen.
130 Menschen verloren am 13. November 2015 bei Anschlägen in Paris das Leben. Eine Spur könnte nach Ungarn führen.

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