Der spielsüchtige Lottomillionär
47-Jähriger soll 3,7 Millionen Euro erschwindelt und verspielt haben
– Andreas P. ist ein Glückspilz: In den Jahren 2010 und 2013 tippte er zweimal einen Lotto-Sechser und kassierte fünf Millionen Euro dafür. Gleichzeitig ist der 47-Jährige ein Pechvogel: Beim Roulette verspielte er nicht nur diesen Gewinn, sondern auch 3,7 Millionen Euro, die er sich von Bekannten ausgeborgt hatte, denen er eine hohe Rendite versprach. Darum sitzt er nun nicht am Spieltisch, sondern im Landesgericht St. Pölten vor einem Schöffensenat unter Vorsitz von Markus Pree.
Die Anklage lautet auf gewerbsmäßigen schweren Betrug, dem Unbescholtenen drohen ein bis zehn Jahre Haft. Das Interesse ist ungewöhnlich hoch, was sich dadurch erklärt, das P. der ehemalige Gatte einer heimischen Spitzensportlerin ist. Deren Name wird im Prozess ausgespart, eine Rolle spielt die Ehe dennoch.
„Was haben Sie den Leuten denn gesagt, was Sie mit ihrem Geld machen?“, will der Vorsitzende von P. wissen. „Ich habe gesagt, ich kaufe und verkaufe Industriemaschinen und beteilige sie mit Gewinn.“– „Was haben Sie versprochen?“– „Sechs bis zehn Prozent innerhalb eines Monats bis eines Jahres“, schildert der Angeklagte.
Neun Opfer glaubten ihm, bei einem zehnten blieb es beim Versuch. „Können Sie sagen, warum Ihnen die Leute das geglaubt haben?“, interessiert Pree. „Ich war in dem Beruf schon 20 Jahre im Außendienst.“– „Ihre Bekanntheit hat schon weitergeholfen, oder? Die Beziehung war ein Türöffner?“, hilft ihm der Vorsitzende. „Ja.“Unter den Opfern ist ein Ex-Fußballnationalspieler, auch Unternehmer sahen eine vermeintlich lohnende Investition.
Was die Geldgeber nicht wussten: P. war da schon spielsüchtig, wie auch ein Gutachten bestätigt. „Wann hat das angefangen?“, fragt der Vorsitzende. „Gespielt habe ich sicher zehn Jahre. Schlimm wurde es, als mir die Casinos Geld geborgt haben.“2500 bis 35.000 Euro seien es gewesen, zinsenfrei für fünf Tage. „Da habe ich mir dann wieder ein Geld ausgeborgt, um die Schulden zu zahlen, und habe mir mehr mitgenommen, um wieder zu spielen.“Ab 2011 sei er bis neunmal pro Monat über dem Roulettekessel gebeugt gewesen, vorwiegend im Casino Linz, wie er sagt. Der Rekordverlust betrug demnach 220.000 Euro in einer Nacht. „Wie kommt es, dass die Casinos so leicht Kredite vergeben?“, wundert sich der Vorsitzende. Schließlich verdiente P. als Angestellter nur rund 2000 Euro. „Ich wurde nie gefragt, ob ich es mir leisten kann. Es wurden auch nie Bestätigungen verlangt.“– „Hängt das auch mit Ihrem familiären Background zusammen?“– „Ja“, vermutet P.
Bei den Casinos bestreitet man auf STANDARD- Anfrage, dass es sich um einen Kredit gehandelt habe. Von ausgewählten Kunden würden nach Genehmigung des Managers Schecks akzeptiert, die man wieder ablösen könne, wenn sie noch nicht zur Bank gebracht wurden.
Dass die Casinos Austria sagen, er habe bei ihnen nur 3,6 Millionen Euro verspielt, kann sich P. nur damit erklären, dass die Aufzeichnungen unvollständig seien. Er habe jedenfalls kein Geld mehr, sei mittlerweile in Privatinsolvenz. Erst danach sei er von der Spielbank gesperrt worden.
Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger spricht im Schlussplädoyer von einer „menschlichen Tragödie. Aber eine Mitschuld, dass man einen Spielsüchtigen bis zum letzten Tropfen aussaugt, liegt bei den Casinos.“Als Täter sieht Pree die Casinos nicht, allerdings sagt er: „Es ist natürlich ein Wahnsinn, dass jemand wie Sie die Möglichkeit bekommt, sich zu ruinieren.“P. erhält nicht rechtskräftig 4,5 Jahre Haft.