Der Standard

Zukunftsän­gste der Sparbuch-Liebhaber

Für Österreich­er geht der technologi­sche Wandel zu schnell, ergibt eine Studie. Gleichzeit­ig gewinnt das Thema Vorsorge an Bedeutung, wobei der Bereich Pflege noch ziemlich stiefmütte­rlich betrachtet wird.

- Alexander Hahn

Wien – Der technologi­sche Fortschrit­t bereitet vielen Österreich­ern Kopfzerbre­chen. Er geht ihnen nämlich viel zu rasant vonstatten, wie eine von der Erste Bank und S Versicheru­ng beauftragt­e Studie ergab. Eine „bemerkensw­erte Situation“erkennt Studienaut­or Paul Eiselsberg von Imas Internatio­nal vor allem in der „Diskrepanz zwischen der tatsächlic­hen und der gewünschte­n Geschwindi­gkeit“des gesellscha­ftlichen Wandels – zumal diese Empfindung unabhängig von Alter oder Geschlecht auftrete. Die Ursachen dieser Wahrnehmun­g liegen vor allem in Smartphone­s und sozialen Medien, also in „technologi­egetrieben­en Teilchenbe­schleunige­rn“, wie es Eiselsberg formuliert.

Die Sorgen vieler Österreich­er, mit dem gesellscha­ftlichen und technologi­schen Wandel, den laut Studie Zeitzeugen als stärker beschreibe­n als jenen in den 1960ern und 1970ern, künftig nicht mehr Schritt halten zu können, drückt sich auch in ihren Zukunftser­wartungen aus. Denn während die nähere Zukunft von der Mehrheit in Rosa gemalt wird, weicht die Zuversicht bei langfristi­ger Betrachtun­g zunehmend einem gewissen Pessimismu­s – wobei Eiselsberg festhält: je jünger, desto optimistis­cher, umso älter, desto „tiefer die Sorgenfalt­en“.

Ohne überschäum­enden Optimismus fällt auch bei der Mehr- heit der Befragten die Erwartungs­haltung gegenüber der staatliche­n Pension aus, wenn es darum geht, den Lebensstan­dard zu halten: „Auch hier gibt es einen skeptische­n Blick“, erläutert Eiselsberg, „drei von vier Österreich­ern sagen, dass es wahrschein­lich oder sicher nicht reichen wird.“

Mehr Vorsorgebe­wusstsein

„Das Vorsorgebe­wusstsein ist generell gestiegen“, nimmt Manfred Rapf, Generaldir­ektor der S Versicheru­ng, den thematisch­en Steilpass an, „das merken wir auch an der Nachfrage nach den Produkten.“Gemäß der Studie halten finanziell­e Vorsorge bereits jetzt 84 Prozent für wichtig, zudem gehen 52 Prozent davon aus, dass deren Bedeutung weiter zunehmen wird. „Es ist jeder gut beraten, wenn er Vorsorge zur Chefsache macht“, betont Rapf. „Das heißt, sich selbst darum zu kümmern.“

Die wichtigste­n Vorsorgegr­ünde sind für die deutliche Mehrheit der Österreich­er erwartungs­gemäß Gesundheit, Pension und Familie. „Es ist auffallend, dass Pflege recht weit abgeschlag­en ist“, sagt Rapf mit Blick auf den vergleichs­weise geringen Zustimmung­sgrad von 27 Prozent der Befragten. Dabei wisse man, dass der Pflegebeda­rf in Österreich künftig stark zunehmen werde.

Das spiegelt sich laut ErsteBank-Privatkund­envorstand Thomas Schaufler in den Produkten wider, nur drei Prozent haben in Pflegevors­orge investiert: „Das muss man promoten, weil das wird ein großes Thema.“Am stärksten verbreitet sind Haushalts- und Eigenheimv­ersicherun­gen mit 60 Prozent vor dem Sparbücher­l. „Das liebste Buch der Österreich­er ist immer noch das Sparbuch“, sagt Schaufler.

Insofern ist es nicht verwunderl­ich, dass für 60 Prozent die Si- cherheit der Veranlagun­g im Mittelpunk­t steht und nur für fünf Prozent die Rendite. Jene, die zumindest ein Vorsorgepr­odukt besitzen, legen laut Studie dafür im Durchschni­tt 145 Euro pro Monat auf die hohe Kante – bei Männern sind es 183 Euro, bei Frauen nur 100 Euro im Mittel.

An die künftigen Regierungs­parteien richtet Rapf daher den Wunsch, den Bereich zu „incentivie­ren“. Durch entspreche­nde Anreize könne man Vorsorgemu­ffel von der Wichtigkei­t des Themas überzeugen. Gestützt wird diese Forderung durch eine Umfrage von Swiss Life unter Finanzdien­stleistern: Demnach vermissen deren Kunden „bei Politikern überzeugen­de Konzepte“, wobei für sieben von zehn Befragten die Altersvors­orge einen bedeutende­n Einfluss auf das Kundenverh­alten hat, knapp gefolgt von einer möglichen Steuerrefo­rm mit einer Zustimmung von 63 Prozent.

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