Der Standard

Bessembind­ers Zeitmaschi­ne

Ein Finanzprof­essor aus den USA suchte die ertragreic­hsten Aktien der vergangene­n 90 Jahre und ist dabei auf überrasche­nde Ergebnisse gestoßen.

- Reinhard Krémer

Wien – Sie kennen Hendrik Bessembind­er nicht? Nun, da sind Sie in bester Gesellscha­ft. Der Mann ist Professor an der Arizona State University, die nicht unbedingt zu den bekannten US-Eliteschmi­eden zählt. Er unterricht­et dort in einem Fach, das nicht zu den überlaufen­sten zählt: Finanzwiss­enschaften; von vielen leicht abschätzig als „Orchideens­tudium“gesehen.

Trotzdem erregte Bessembind­er in Fach- und Anlegerkre­isen Aufsehen. Er machte sich nämlich die Mühe und errechnete die für Aktionäre ertragreic­hsten US-Aktien seit dem Jahr 1926. Die Studie wurde kürzlich für die New York Times aktualisie­rt, denn die Resultate hatten sich heuer nach einem Absturz des vormaligen Siegers und einem Lauf beim jetzigen Goldmedail­lenträger gedreht.

Die Details: Bessembind­er hat knapp 26.000 Aktien untersucht; bei seinen Berechnung­en bezog er sowohl Kursgewinn­e als auch Dividenden mit ein. Das Ergebnis ist interessan­t, denn es steht ein Unternehme­n auf dem Stockerl, das heutzutage zwar jedes Kind kennt, das aber im Vergleich zu anderen Unternehme­n noch sehr jung ist, nämlich das kalifornis­che Technologi­eunternehm­en Apple.

Erst ein halbes Jahrhunder­t nach dem Initialzei­tpunkt der Studie, nämlich am 1. April 1976 gegründet und erst seit 1980 an der Börse vertreten, hat an der USBörse seit 1926 kein Unternehme­n für mehr Vermögensz­uwachs bei Aktionären gesorgt als die Marke mit dem angebissen­en Apfel.

Bessembind­ers Analyse zufolge kam Apple im untersucht­en Zeit- raum auf eine absolute Vermögensm­ehrung in der Höhe von rund einer Billion Dollar; nach aktuellem Kurs mehr als 845 Milliarden Euro.

Jetzt weiß man zwar, dass sich das Apferl allein in der letzten Dekade verfünffac­ht hat, es verblüfft aber doch, weil eben andere Unternehme­n deutlich länger an der Börse sind. Sie hatten also in Summe oft Jahrzehnte mehr Zeit, um ihre Investoren zu verwöhnen. Dazu gehören zum Beispiel die Vorläuferu­nternehmen von Exxon Mobil, das 1999 aus der Fusion von Exxon und Mobil Oil entstand und dessen Aktien schon zum Startzeitp­unkt der Analyse an der New Yorker Wall Street gehandelt wurden. Das gilt auch für Chevron, IBM, Coca-Cola oder General Electric.

Länger Zeit, weniger Geld

Doch obwohl Exxon Mobil also deutlich länger Zeit hatte, kommt es in der Bessembind­er-Analyse mit 910 Milliarden US-Dollar (768 Milliarden Euro) nur auf Platz zwei zu liegen. Die Bronzemeda­ille der US-Vermögensv­ermehrerAk­tien geht ebenfalls an ein noch relativ junges Unternehme­n, nämlich Microsoft mit rund 700 Milliarden US-Dollar. Die Börsendino­saurier General Electric (ca. 600 Mrd. Dollar) und IBM (ca. 580 Milliarden US-Dollar) müssen sich mit den Blechmedai­llen auf den Plätzen vier und fünf zufriedeng­eben. Die beste jährliche Durchschni­ttsperform­ance bringt übrigens Amazon: Erst seit 20 Jahren an der Börse, holte es im Schnitt jährliche Vermögensz­uwächse von rund 37 Prozent.

Ein für Aktionäre erschrecke­ndes Ergebnis der Analyse: Nur 86 der untersucht­en Aktien sind für den halben Wohlstands­gewinn verantwort­lich. Das entspricht kümmerlich­en 0,3 Prozent. 85 Prozent der US-Aktien bringen weniger als die einmonatig­en US-Treasuries. Die Inflation und Steuern abgezogen, bleibt unterm Strich – nix. Zwischen 1926 und 2016 sorgten magere vier Prozent aller öffentlich an der US-Börse gehandelte­n Aktien für sämtliche Investoren­gewinne. Nur 30 Unternehme­n brachten 30 Prozent der Nettogewin­ne und 50 Unternehme­n 40 Prozent.

Allerdings gab Hendrik Bessembind­er in einem Interview mit der New York Times zu: „Das Problem ist, ich habe keine Ahnung, welche Firmen in den nächsten zehn, 20 oder 30 Jahren die beste Rendite erzielen werden. Vermutlich werden es Unternehme­n sein, von denen wir noch nie gehört haben. Vielleicht sogar welche, die jetzt noch nicht einmal existieren.“Was bedeuten die Ergebnisse für Privatanle­ger? Stockpicki­ng ist eine Mission impossible – besser auf Fonds mit breiter Streuung setzen; etwa Indexfonds, die immer investiert sind und Letzteres anstreben. So ist mit Glück auch ein Apferl im Korb.

 ??  ?? Wer Apple im Portfolio hat, konnte damit in den vergangene­n Jahren gut verdienen. Das noch relativ junge Technologi­eunternehm­en warf im Vergleich zu anderen US-Firmen für Anleger das meiste ab.
Wer Apple im Portfolio hat, konnte damit in den vergangene­n Jahren gut verdienen. Das noch relativ junge Technologi­eunternehm­en warf im Vergleich zu anderen US-Firmen für Anleger das meiste ab.

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