Der Standard

Merkel nennt in Bonn kein Datum für Kohleausst­ieg

Deutsche Kanzlerin hatte bei Klimakonfe­renz Erklärungs­bedarf: Der Braunkohle­ausstieg geht zu langsam

- Julia Schilly

Bonn/Wien – Die Rede der deutschen Bundeskanz­lerin Angela Merkel auf der Klimakonfe­renz in Bonn (Cop 23) am Mittwochna­chmittag wurde mit Spannung erwartet. Klimapolit­ik gilt als einer der Knackpunkt­e in den laufenden Koalitions­gesprächen von Union, FDP und den Grünen. „Wir wissen, dass Deutschlan­d als ein Land, das noch in hohem Maße Kohle verwendet, insbesonde­re die Braunkohle, einen wesentlich­en Beitrag leisten muss, um die Ziele zu erreichen“, sagt Merkel.

Bei einem Ausstieg gehe es aber auch um Arbeitsplä­tze und um die Bezahlbark­eit von Energie, so Merkel. Zwar hat die CDU-Vorsitzend­e damit der Reduzierun­g von Kohlekraft eine zentrale Rolle für die Erreichung der Klimaziele zugewiesen.

Umweltschü­tzern war diese Aussage jedoch zu wenig konkret, da wieder kein Ausstiegsd­atum genannt wurde. „Es wäre wichtig, dass Angela Merkel auf internatio­naler Ebene endlich ein Signal sendet, dass Deutschlan­d ernst macht mit dem Klimaschut­z“, sagt Klimaökono­m Ottmar Edenhofer, Direktor des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) dem STANDARD. Deutschlan­d produziert noch 40 Prozent seines Stroms aus Kohle. Davon entfallen rund 17 Prozent auf Anlagen mit überwiegen­d importiert­er Steinkohle und 23 Prozent auf Kraftwerke, die mit deutscher Braunkohle beliefert werden.

Lücke bleibt

Auch ohne zusätzlich­e Instrument­e wird erwartet, dass 2020 nur noch 22 Gigawatt (Steinkohle) und 18 Gigawatt (Braunkohle) am Netz sind, da die Kraftwerke teilweise nicht mehr wirtschaft­lich sind. Für das Klimaziel 2020 wird dennoch eine Lücke bleiben, sie wird vom deutschen Umweltmini­sterium auf über 70 Millionen Tonnen CO geschätzt.

Ein ordnungsre­chtlicher Ausstieg, also das Abschalten der „schmutzigs­ten“Kohlekraft­werke, ist für Edenhofer zu wenig. Denn dadurch würden die effiziente­n Kohlekraft­werke verdienen, da der Preis steigt.

Zudem schlägt Edenhofer eine Reform des Emissionsh­andels vor, mit „30 bis 40 Euro Mindestpre­is“für jede ausgestoße­ne Tonne CO . 2 Im Moment kosten die Zertifikat­e einen Bruchteil.

Hinsichtli­ch der Sondierung­sgespräche sieht Edenhofer eine weitere klimapolit­ische Baustelle: „Die Energieste­uern sind grotesk. Strom wird am stärksten besteuert, die extrem klimaschäd­liche Braunkohle am wenigsten.“Das sei nicht sinnvoll, wenn der EAuto-Markt wachsen soll.

Die Cop 23 sei auf jeden Fall nicht der richtige Zeitpunkt, „dass sich die Länder gegenseiti­g auf die Schulter klopfen“, mahnt der Klimaökono­m. Die Konzentrat­ion von CO in der Erdatmosph­äre ist 2 2016 – auch wegen des Wetterphän­omens El Niño – auf ein Rekordnive­au gestiegen. Und das Global Carbon Project prognostiz­iert nach einigen Jahren der Stagnation für 2017 einen Anstieg der weltweiten Emissionen.

Die Klimakonfe­renz geht am Freitag zu Ende. Ziel ist die Einigung auf ein Verfahren, um die Klimaschut­zmaßnahmen der Länder vergleichb­arer zu machen.

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Foto: APA / John MacDougall Angela Merkel, Fidschis Regierungs­chef Frank Bainimaram­a und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron.

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