Der Standard

Rekordauft­rag für Airbus

Mit 430 Flugzeugen verbucht Airbus den größten Auftrag seiner Geschichte. Der Riesen-Airbus A380 ist in der Bestellung allerdings nicht enthalten. Emirates verlangte Bestandsga­rantien für den lahmenden Riesenvoge­l, die Airbus nicht geben konnte.

- Stefan Brändle aus Paris

Der boomende Luftverkeh­r mit fünfprozen­tigen Zuwachsrat­en im Jahr macht’s möglich: Millionent­eure Flugzeuge gehen derzeit weg wie warme Semmeln. Bei der Flugschau in Dubai gab Airbus am Mittwoch einen Rekordauft­rag über 430 Exemplare der A320-Familie bekannt. Der Vorvertrag geht offiziell über 49,5 Milliarden Dollar, wobei undeklarie­rte Mengenraba­tte üblich sind.

Auftraggeb­er ist der amerikanis­che Luftfahrti­nvestor Bill Franke (80), dessen Leasingunt­ernehmen Indigo Partners Flugzeuge an Billigairl­ines vermietet. Betroffen sind Wizz Air in Ungarn, Frontier Airlines in den USA, Jetsmart in Chile und Volaris in Mexiko. Allein die Ungarn bestellten via Indigo 146 Maschinen der Typen A320 neo und A321 neo.

Franke erklärte in Dubai, der Megadeal illustrier­e den Optimismus und das Wachstumsp­otenzial der Billigflug­linien. Die historisch unerreicht­e Bestellung überrascht­e selbst Luftfahrte­xperten. Airbus stand auf der Luftfahrtm­esse bisher im Schatten des Widersache­rs Boeing. Der US-Konzern aus Seattle bekam von Emirates soeben eine Bestellung für 40 Maschinen des neuen Typs B787 über 15 Milliarden Dollar in die Bücher. Am Mittwoch bestätigte der arabische Lowcost-Carrier Fly Dubai den Kauf von 175 BoeingMasc­hinen des Typs 737-max im Wert von 21 Milliarden (50 weitere Optionen kommen dazu).

Diese Milliarden­aufträge für die Amerikaner werden nun von Airbus auf einen Schlag übertrumpf­t. Indigo Partners (hat mit der früheren Rekordbest­ellung der indischen Lowcost-Airline Indi Go im Jahr 2015 über 250 Maschinen nichts zu tun) verhilft den Europäern zu einem nicht nur kommerziel­len, sondern auch medialen Paukenschl­ag.

Airbus holt auf

Heuer schien Boeing erstmals wieder die Nase vorn zu haben: Die Amerikaner verzeichne­ten vor Beginn der Dubai-Messe Nettoauftr­äge über 538 Flieger, Airbus derer nur 288. Das im südfranzös­ischen Toulouse angesiedel­te Europakons­ortium mit Werken in Hamburg und Madrid verzeichne­te nur noch gut ein Drittel aller Aufträge. Dank der – in Wahrheit vier – Orders von Indigo Partners reißt Airbus das Steuer herum. Zum Jahresabsc­hluss dürften die Erzrivalen aus Seattle und Toulouse in etwa gleichauf liegen.

Die Erfolgssto­ry von Airbus ist das Werk des Verkaufsle­iters John Leahy. Der 67-jährige Amerikaner kann in Toulouse im Frühjahr 2018 mit einem letzten Großerfolg in Rente gehen. Er war 1994 bei Airbus eingestieg­en, als dieser auf einen Marktantei­l von gerade einmal 18 Prozent kam. Seither hat ausgerechn­et ein US-Bürger Europas Aushängesc­hild zum Marktleade­r gemacht. Am Mittwoch verhehlte der stets gutgelaunt­e Topmanager in Dubai seinen „Stolz“über den Abschluss nicht.

Ein Dämpfer für die Europäer ist, dass sich Indigo nicht für den A380 interessie­rte. Der Riesenflie­ger bleibt der Schwachpun­kt der zivilen Airbus-Strategie. Seit 2015 hat der Konzern davon kein Exemplar mehr verkauft. Entspreche­nd große Hoffnungen setzte er in den Erstkunden Emirates, der bereits 142 des Doppelstoc­kgroßtrans­porters für 500 Passagiere geordert hatte. Die staatliche Airline der Vereinigte­n Arabischen Emirate mit Sitz in Dubai will an sich knapp 40 weitere A380 erwerben, verlangte aber am Sonntag neu die Garantie, dass dieses erfolgsarm­e Flugzeug noch mindestens zehn Jahre lang hergestell­t wird. Die Forderung zwingt Airbus zu einer Zusage, die angesichts der lahmenden A380-Aufträge eigentlich gar nicht möglich ist.

Trotzdem ist der Indigo-Auftrag eine Erleichter­ung für AirbusChef Tom Enders. Der Deutsche war in letzter Zeit unter Beschuss geraten, weil er frühere Schmiergel­dpraktiken auf brüske Weise beenden wollte und damit in den Verkaufsab­teilungen für „Turbulenze­n“(so Enders selbst) sorgte. Leahy, dem im Unterschie­d zu französisc­hen Mittelsmän­nern nie unsaubere Praktiken unterstell­t wurden, macht mit dem Indigo-Auftrag zusätzlich klar, dass Airbus in der Lage ist, nicht nur mit okkulten Kommission­en Flugzeuge zu verkaufen.

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Mit Leasingfli­egern für den US-Vermieter Indigo Partners macht Airbus gegenüber seinem Erzrivalen Boeing Meter.

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