Der Standard

Sand im Getriebe

Während der Ruf nach Trockenleg­ung der Steueroase­n immer lauter wird, trägt die EU eine Verschärfu­ng der Bestimmung­en gerade zu Grabe. Europaparl­amentarier sind empört.

- Andreas Schnauder

Wien – Die Paradise Papers sorgen für rege Debatten, einige Länder haben auch konkrete Schritte gesetzt, um Steuern insbesonde­re über den Umweg von OffshoreGe­sellschaft­en zu vermeiden. Im Netz kursieren derzeit mehrere offene Briefe, in denen diverse Staats- und Regierungs­chefs oder Institutio­nen zu einer härteren Gangart im Kampf gegen Steueroase­n aufgerufen werden.

Der frühere britische Premier Gordon Brown beispielsw­eise fordert von der Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenl­änder die „Schließung von Steueroase­n“. Mehr als eine Million Menschen hat nach eigenen Angaben unterzeich­net. Ob die Initiative­n von Erfolg gekrönt sein werden, lässt sich derzeit schwer abschätzen. Bei einem Vorstoß für mehr Transparen­z auf EU-Ebene sieht es derzeit schlecht aus. Es geht u. a. um eine Verschärfu­ng der Geldwäsche­richtlinie, die nach Veröffentl­ichung der Panama Papers angestoßen wurde. In dem Entwurf finden sich einige Punkte, die stark in das Thema Steuerverm­eidung hineinspie­len.

Allerdings ist es bisher nicht gelungen, eine gemeinsame Position zwischen Europaparl­ament und Mitgliedst­aaten herzustell­en. Nun ist ein weiterer Versuch gescheiter­t – gerade einmal zehn Tage nach Bekanntwer­den der Paradise Papers und dem dadurch ausgelöste­n Aufschrei. Die Verhandlun­gen laufen im Rahmen des sogenannte­n Trilogs, in dem Parlament, Rat und EU-Kommission gemeinsam vertreten sind. In der jüngsten Sitzung bewahrheit­ete sich, was Insider nach den Kontrovers­en unter den Mit- gliedstaat­en bereits befürchtet hatten: Der Rat stand mit leeren Händen da. Die EU-Länder hatten sich zuvor auf kein Mandat einigen können. Dabei hat – wie berichtet – auch Österreich eine umstritten­e Rolle gespielt. Gemeinsam mit Großbritan­nien, Irland, Luxemburg, Zypern und Malta wurde auf die estnische Ratspräsid­entschaft eingewirkt, keinem raschen Abschluss zuzustimme­n.

„Eine Schande“

Allerdings war vergangene Woche noch offen, ob diese Staatengru­ppe ein Mandat blockieren kann, ob es einen Kompromiss gibt oder sich die Befürworte­r einer Verschärfu­ng der Geldwäsche­bestimmung­en durchsetze­n. Auch ein dringender Appell von Wirtschaft­s- und Währungsko­mmissar Pierre Moscovici half letztlich nichts mehr. Der Franzo- se hatte noch am Dienstag gefordert, die Scheinwerf­er auf die Steueroase­n zu richten: Die Offshore-Länder seien „ein bisschen wie Vampire – sie fürchten nichts so sehr wie das Licht“.

Dass die Mitgliedst­aaten den Aufruf ignorierte­n, kommt im Parlament nicht gut an. Von einem „Armutszeug­nis“, ja einer „Schande“spricht die EU-Abgeordnet­e Evelyn Regner. Die Bekenntnis­se der EU-Finanzmini­ster seien nichts wert, wenn es ans Eingemacht­e gehe, meint die Sozialdemo­kratin zum STANDARD. Der Protest ist parteiüber­greifend. Auch konservati­ve Abgeordnet­e wie Othmar Karas oder der Deutsche Bernd Langen üben Kritik.

Die Grünen machen ohnehin Dampf. Sven Giegold verweist dabei insbesonde­re auf die auch von der Kommission geforderte­n Transparen­zregister. Nur sie könnten zeigen, „wer sich wirklich hinter den undurchsic­htigen Strukturen von Unternehme­n und Trusts versteckt“. Der deutsche Grüne verweist zudem auf den gigantisch­en Steuerausf­all im dreistelli­gen Milliarden­bereich durch Steuerhint­erziehung und Geldwäsche, trotzdem blieben die EUFinanzmi­nister untätig. Und auch Attac ist empört: Österreich solle mit Frankreich, Italien oder Spanien für schärfere Regelungen kämpfen, anstatt „mit den Steuersümp­fen zu kooperiere­n“.

Demnächst wird es zur nächsten Nagelprobe kommen. Anfang Dezember sollen unkooperat­ive Steueroase­n auf schwarze Listen gesetzt werden. Doch auch hier schwant vielen Parlamenta­riern Übles: EU-Länder sollen nicht an den Pranger gestellt werden. Und von Sanktionen wollen die Staaten auch nichts wissen.

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Geht es um eine härtere Gangart gegen Steueroase­n, wird Österreich gemeinsame Sache mit den Blockierer­n vorgeworfe­n.

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