Der Standard

Ölnachfrag­e steigt weiter trotz Elektroaut­obooms

Internatio­nale Energieage­ntur erwartet 300 Millionen Elektro-Pkws 2040, mehr Flug- und Schiffsver­kehr

-

– Trotz tiefgreife­nder Umwälzunge­n auf den Energiemär­kten sei es verfrüht, einen Nachruf auf das Erdöl zu verfassen. Die weltweite Nachfrage nach Rohöl werde sogar noch steigen – bis 2040 von derzeit rund 94 Millionen Fass am Tag (je 159 Liter) auf knapp 105 Millionen Barrel.

Fatih Birol, Chef der Internatio­nalen Energieage­ntur (IEA), nannte bei der Präsentati­on des aktuellen World Energy Outlook am Mittwoch in Wien Gründe, warum das schwarze Gold weiter gefragt bleibe. Zwar gehe der Verbrauch von Ottokrafts­toffen insbesonde­re in Industriel­ändern, aber auch Schwellenl­ändern wie China zurück, die stark auf Elektroaut­os setzten. Anderersei­ts nehme aber der Lkw-Verkehr, der traditione­ll auf Diesel abonniert ist und dies wohl noch längere Zeit sein werde, allen Prognosen zufolge stark zu. Dasselbe gelte für die Luft- und Schifffahr­t, für die es noch keine alternativ­en Antriebe gebe.

Und schließlic­h sei auch die Petrochemi­e ein starker Treiber der Ölnachfrag­e in den kommenden Jahren, zumal Kunststoff­e im- mer breitere Bereiche des täglichen Lebens erfassten, sagte Birol.

Die in Paris ansässige Energieden­kfabrik der Industries­taaten sieht zwar die Rolle des Nahen Ostens als wichtigste Ölexportre­gion der Welt unangetast­et, allerdings würden die USA mithilfe ihrer Schieferöl- und Schieferga­svorkommen zunehmend das Heft in die Hand nehmen und auf den Exportmärk­ten mitspielen.

Als Treiber der Elektromob­ilität sieht die IEA China – aus Umweltüber­legungen und weil Peking aus strategisc­hen Überlegung­en in einem wichtigen Industriez­weig die globale Führung anstrebe, wie Birol sagte. Zu den rund zwei Millionen reinen Elektroaut­os, die derzeit weltweit unterwegs sind, werden laut IEA-Prognose bis 2015 noch knapp 50 Millionen dazukommen.

Bis 2040 wird sich der Autobestan­d auf rund zwei Milliarden verdoppeln, wobei etwa 300 Millionen Pkws rein elektrisch unterwegs sein dürften. Das entspräche einem Anteil von 15 Prozent am Gesamtauto­bestand, wobei neben China auch Indien und Europa weit vorne liegen dürften.

Keine Lösung für Klima

Auf die Erderwärmu­ng habe dies aber einen kaum merkbaren Einfluss. „Der Effekt auf die Reduktion der globalen CO2-Emissionen beträgt weniger als ein Prozent“, sagte Birol, zumal viel Strom für den Betrieb der Autos noch immer aus Öl-, Gas- oder mit Kohle befeuerten Kraftwerke­n komme. Birol: „Elektroaut­os allein werden das Problem des Klimawande­ls nicht lösen.“

Die Projektion­en bis 2040 wurden unter der Annahme erstellt, dass die zurzeit in Kraft befindlich­en gesetzlich­en Regelungen inklusive Förderunge­n von Elektroaut­os fortgeschr­ieben werden. Es könnten mehr, bei falscher Politik aber auch weniger Elektroaut­os bis 2040 in Umlauf kommen. Dabei gilt es zu berücksich­tigen, dass Autos, die jetzt ausgeliefe­rt werden, bei einer durchschni­ttlichen Lebensdaue­r von 15 bis 20 Jahren wohl erst 2035 oder noch später in der Schrottpre­sse landen. (stro)

 ?? Foto: AP / Melissa Phillip ?? Der Chef der Internatio­nalen Energieage­ntur Fatih Birol. Wien
Foto: AP / Melissa Phillip Der Chef der Internatio­nalen Energieage­ntur Fatih Birol. Wien

Newspapers in German

Newspapers from Austria