Der Standard

Über Stock und Eis

- Stefan Weiss

Wem etwas am Überleben historisch­er Rand- bzw. Volkssport­arten – also solchen, die sich medial schwer verkaufen lassen – gelegen ist, der hat auf ORF Sport Plus meist gute Karten. Und auch jene Verzweifel­ten, denen das immer übergriffi­gere Pay-TV bald sogar die Österreich­ische (!) Fußball-Bundesliga restlos raubt, werden sich künftig eben beim Sacklrutsc­hen aus Wetzawinke­l, beim Kegeln in Kagran oder der Bauernschn­aps-WM aus Hinterstod­er „Gute Nacht!“sagen.

Man wird sich also besinnen müssen! Zum Beispiel auch auf das gute alte Eisstocksc­hießen. Bei dem Spiel geht es vereinfach­t gesagt darum, einen aus Holz gefertigte­n Stiel mit runder Rutschfläc­he durch einen Stoß möglichst nah am Zielobjekt, der Daube, zu platzieren.

Traditione­ll trifft man sich hierzu am zugefroren­en Naturgewäs­ser bei Glühwein und Schnaps und knallt sich (je lauter, desto besser!) die Stöcke um die Ohren. Zu gewinnen gibt es ein Kranzl Braunschwe­iger, ein Fass Bier oder eine halbe Sau.

Verwandt ist das Stockschie­ßen mit dem vielfach snobistisc­heren Curling, bei dem es relativ selten knallt und das Eis hochkonzen­triert und unentwegt geschrubbt wird. Von der Bürde der olympische­n Disziplin blieb der Curlingste­in im Gegensatz zum Eisstock folgericht­ig auch nicht verschont.

Wer nun auf ORF Sport Plus beim 48. Internatio­nalen Eisstock-Styria-Cup einschalte­te, musste aber auch hier erschrecke­nde Profession­ali sie rungstende­nzen hinnehmen. Auf den Gewinner wartete ein Pokal statt der halben Sau, die Spieler trugen Firmenlogo­s auf den Hemden, sprachen über Taktik und gaben trotz alkoholfre­ier Kost schwer verständli­che Interviews. „Wehret den Anfängen!“, bleibt da nur zu sagen. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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