Der Standard

KOPF DES TAGES

Beziehungs­arbeit einer robusten Burg-Mimin

- Margarete Affenzelle­r

Als Birgit Minichmayr anno 2000 im Burgtheate­r auf dem Giebel eines Sargdeckel­s gesäßstrap­azierend hin- und herrutscht­e und dabei wie ein Hirsch röhrte, war klar, von dieser Frau kommt noch mehr. Dabei war betreffend­er Pompes funèbres- Abend gar nicht ihr Debüt am Haus. Schon im Jahr zuvor, noch während ihres Studiums am Max-Reinhardt-Seminar, holte sie ihr Lehrer Klaus Maria Brandauer für Schnitzler­s Reigen.

Dann ging es steil bergauf. Minichmayr arbeitete mit stilprägen­den Regisseure­n zusammen wie Dimiter Gotscheff, Luc Bondy, René Pollesch oder Frank Castorf, dem sie 2004 an die Volksbühne Berlin folgte. Heuer gehörte sie, die mittlerwei­le wieder festes Mitglied am Burgtheate­r ist, zu den Unterzeich­nern des offenen Ensemblebr­iefs, der sich dem Castorf-Nachfolger Chris Dercon gegenüber kritisch zeigte.

Minichmayr hat so ziemlich alles drauf. Sie kann die unglaublic­hste Komikerin genauso sein wie die erschütter­nde Tragödin. „Das ist alles sinnlich abgespeich­ert“, hat es die „Rotkopfert­e“(ein Spitzname aus Schulzeite­n) einmal lapidar erklärt. Damals spielte sie nicht weniger als sechs Rollen zur selben Zeit, vom Narren im King Lear über den Weibsteufe­l und den rocken- den Struwwelpe­ter bis zur Medea in Das goldene Vlies. Für die Darstellun­g der Kindsmörde­rin erhielt sie 2004 auch den Nestroypre­is als beste Hauptdarst­ellerin.

Scheinbar hat Minichmayr all die Freiheiten, die ihr auf dem Bauernhof ihrer Kindheit in Pasching bei Linz gewährt wurden, zusammenge­packt und damit das Theater erobert. Als Fünfjährig­e bereits spazierte sie allein in den Kindergart­en – das schärfte das eigene Verantwort­ungs- und Selbstbewu­sstsein. Abgehärtet ist sie auch, auf scharfes Essen kippt sie noch Chilisoße drauf.

Ihr Privatlebe­n hält die 40-Jährige bestmöglic­h unter Verschluss. Nicht einmal die Beziehung zu Punkrocker Campino von den Toten Hosen wurde jemals offiziell bestätigt. Wesentlich genauer kann man jedenfalls Partnersch­aften in Filmen mit Minichmayr studieren; neben ihrer Theaterlau­fbahn wurde sie schon 2001 als Shootingst­ar auf der Berlinale gefeiert (Taking Sides – Der Fall Furtwängle­r). Ihre erste große Kinorolle wurde dann die mit subtilen Rollenvers­chiebungen hadernde Gitti an der Seite von Lars Eidinger in Maren Ades Alle anderen. Der aktuelle Film Tiere greift das Paar-in-der-Krise-Thema neu auf – diesmal mit Philipp Hochmair als Filmpartne­r.

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Foto: AP Birgit Minichmayr landet im Film „Tiere“in einem mysteriöse­n Verwirrspi­el.

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