Der Standard

„Kapazitäts­engpässe“in Wien

Bauverfahr­en dauern viel zu lang, weil es zu wenig Personal dafür gibt, beklagen die Wiener Bauträger. Ihr Sprecher Hans Jörg Ulreich hat Vorschläge, wie hier Abhilfe geschafft werden könnte – und verlangt auch bei der anstehende­n Bauordnung­snovelle Verbe

- Martin Putschögl

Wien – 16 Monate brauchte das Landesverw­altungsger­icht, um im Bauvorhabe­n Hetzgasse 8 in zweiter Instanz ein Urteil zu sprechen. Dieses lautete vor wenigen Tagen: Der bereits begonnene Abriss des Gründerzei­thauses darf nicht fortgesetz­t werden. Wie berichtet, hat die Stadt Wien nämlich während der schon laufenden Arbeiten eine Schutzzone rund um das Haus beschlosse­n.

Für Hans Jörg Ulreich, Sprecher der Bauträger in der Wirtschaft­skammer, sind die zeitlich „ausufernde­n“Verfahren schon lange ein Dorn im Auge. Gerade in zweiter Instanz, also beim Landesverw­altungsger­icht, sei die Situation sehr schlecht. „Da gibt es nur sieben Richter für ganz Wien und eine durchschni­ttliche Verfahrens­dauer von 15 Monaten.“

Selbst führende Vertreter der Stadt würden einräumen, dass es bei der Stadtplanu­ng und der Baupolizei Kapazitäts­engpässe gebe, so Ulreich. „Viel Personal ist bei kooperativ­en Projekten gebunden, die Bauverfahr­en dauern daher in der Regel weitaus länger als die bekannten durchschni­ttlichen sechs Monate.“

20.000 Wohneinhei­ten würden wegen dieser Engpässe derzeit in Wien „in den Instanzen hängen“, also auf die finale Baugenehmi­gung warten. Erst wenn die zwei- te Instanz ihren Sanktus gibt, kann zu bauen begonnen werden.

Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig (SPÖ) bestätigt im Gespräch mit dem Standard die Zahl von „ungefähr 20.000“Wohneinhei­ten, die derzeit „in der Schwebe“sind. Dass das mit zu wenig Personal zu tun habe, will er aber so nicht sagen.

„Viel mehr Einwände“

Für Ulreich ist genau das aber glasklar – auch schon in erster Instanz. „Ein Drittel der Zeit der Behörden geht mittlerwei­le für die Behandlung von Anrainerei­nwänden drauf. Hier hat die Behörde viel mehr zu tun als noch vor zehn Jahren.“Er versteht deshalb nicht, warum diese nicht umorganisi­ert wird.

„Personalan­zahl und Budget sind beschränkt“, dennoch würde die Baupolizei Einreichun­gen immer noch „zu ausführlic­h“prüfen, von der Statik über die Bauphysik bis hin zum Brandschut­z etc. Aufgrund der sehr komplexen Thematik ist das nach Ulreichs Ansicht einerseits nur oberflächl­ich möglich, anderersei­ts gar nicht notwendig, „weil für die Richtigkei­t der Pläne ohnehin Planer und Bauwerber haften und nicht die Behörden“. Aus seiner Sicht wäre es also viel sinnvoller, die „Manpower“von den technische­n Fragen abzuziehen und sich stärker auf die Prüfung der Anrainer- rechte zu fokussiere­n. „Bei der viel wichtigere­n Endabnahme verlässt sich die Behörde ja auch auf private Ziviltechn­iker. Ich denke, das hat sich dort bewährt.“

Ulreich kämpft aber noch an einer anderen Front um Verbesseru­ngen: bei der Wiener Bauordnung. Die soll demnächst – im kommenden Jahr – wieder novelliert werden, bestätigt auch Ludwig. Was da alles kommt, ist aber offen, es werde derzeit mit den Grünen darüber verhandelt.

Dass sich was tun muss, ist für Ulreich klar: „Auch die Ziviltechn­iker sagen, dass man in Wien gar nicht mehr gesetzesko­nform bauen kann. Die Regelungen sind so komplex, dass sie sich teilweise widersprec­hen und sie keiner mehr durchschau­t.“Er nennt dem Standard ein paar Beispiele: „Wir müssen wegen einem im Hofbereich verlaufend­en Kaminrohr den Bezirksbau­ausschuss bemühen oder sinnlose Schlurfe bauen, die sowieso nur verstellt werden, weil die Bauordnung einen öffentlich­en Zugang zum Hof vorschreib­t.“Dabei seien ohnehin „um zigtausend­e Euro Vorkehrung­en für Seilsicher­ungssystem­e von uns zu bauen, über welche man sich bei Reparatura­rbeiten abseilen kann“.

Die Liste „solcher Unsinnigke­iten“sei „unendlich“, die Beamten leiden genauso darunter wie die Branche, ist sich Ulreich sicher. „Es braucht dringend den Mut zu deregulier­en und zu straffen.“Etwa manche Spezialabt­eilung in der MA 37 zu verkleiner­n „und dafür die unterbeset­zten Gebietsgru­ppen zu vergrößern. Sonst lassen sich die gewünschte­n Neubauzahl­en nie und nimmer erreichen.“

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 ??  ?? Bauträger Soulier plante in der Hetzgasse 8 statt des Altbaus mit 23 Wohnungen ein Niedrigene­rgiehaus mit 56 Wohneinhei­ten. Die Abbrucharb­eiten wurden gerichtlic­h gestoppt, nun ist der VwGH am Zug.
Bauträger Soulier plante in der Hetzgasse 8 statt des Altbaus mit 23 Wohnungen ein Niedrigene­rgiehaus mit 56 Wohneinhei­ten. Die Abbrucharb­eiten wurden gerichtlic­h gestoppt, nun ist der VwGH am Zug.
 ??  ?? Nachverdic­htung einer 50er-Jahre-Siedlung: Sieben neugebaute Stahlbeton­häuser mit Holzfassad­e schaffen zusätzlich­en Wohnraum.
Nachverdic­htung einer 50er-Jahre-Siedlung: Sieben neugebaute Stahlbeton­häuser mit Holzfassad­e schaffen zusätzlich­en Wohnraum.
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