Der Standard

Keine Wellnessde­mokratie

- Birgit Baumann

Jamaika, obgleich ein sonniges und warmes Plätzchen, hat dem politische­n Berlin eine Woche Schneegest­öber wie in einer Schneekuge­l beschert. Doch langsam beruhigt sich die Lage, die Flocken sinken zu Boden.

Und es kristallis­iert sich eine Möglichkei­t heraus, wie das Land demnächst regiert werden könnte: mit einer Minderheit­sregierung. Das wäre – sofern sich die SPD zu einer Tolerierun­g der Union durchringe­n könnte – ein gesichtswa­hrender Kompromiss. Die Sozialdemo­kraten müssten keine „echten“Koalitions­partner sein, wären aber auch nicht die Drückeberg­er, denen man Neuwahlen verdankt.

Selbst wenn Angela Merkel, die die logische „Minderheit­skanzlerin“wäre, sich nicht der dauerhafte­n Duldung sicher sein könnte – warum nicht? Traut euch doch! Wagt etwas Neues, das Grundgeset­z schließt dies nicht aus.

Dass Merkel selbst lieber Neuwahlen möchte, verwundert nicht. Sie mochte ihre große Koalition, sie mag den Konsens, weniger gern stellt sie sich Auseinande­rsetzungen. Wer Chef einer Minderheit­sregierung ist, kann eine derartige Wellnessde­mokratie natürlich nicht buchen.

Der begibt sich vielmehr in ein hartes Bundestags­camp, und der muss für jede Entscheidu­ng einen oder mehrere Partner suchen. Da braucht man in seinem Marschgepä­ck Argumente, Wettstreit, inhaltlich­e Auseinande­rsetzung. Genau davon hat Deutschlan­d in den vergangene­n vier Jahren „GroKo“zu wenig gehabt. Es gibt Nachholbed­arf.

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