Der Standard

Eine tote Schlange in Indonesien. Ein Raufhandel in Wales. Immer und überall Gift. Nur in Paris kann man wirklich nackt dinieren.

- Fri

Ein Schriftl ist ein Giftl, hat es geheißen, als man noch Briefe verfasste, die Älteren können sich vielleicht daran erinnern. Die Briefe der Gegenwart heißen E-Mails, Posts, SMS, Whatsapp-Nachrichte­n und Tweets. Das Gute ist, dass man beim Schreiben kaum noch nachdenken und den Brief auch nicht zur Post bringen muss. Man vergeudet keine Zeit, das Gift wirkt ruckizucki.

Und kein Innenminis­ter dieser Welt muss noch nach Überwachun­g schreien, seit man mit Telefonen fotografie­ren und filmen kann. Überwachun­g findet längst statt, immer und überall. Ein Freundscha­ftsspiel der U23-Fußballtea­ms von Rhyl (Wales) und Leeds United (England) wurde abgebroche­n, nachdem etliche Kicker mit den Fäusten aufeinande­r eingedrosc­hen hatten. Früher hätte kein Hahn danach gekräht, jetzt gibt es ein zigtausend­mal angeklickt­es Youtube-Video von dem kleinen Raufhandel. Auch ein Indonesier, der in einem Zug eine wahrschein­lich eh ungiftige Schlange mit bloßen Händen tötete, avancierte flott zum Internetst­ar.

In Paris kann man seit kurzem nackt und nobel essen. Neben dem Gewand müssen an der Garderobe des Restaurant­s O’Naturel auch die Mobiltelef­one abgegeben werden, wir reden also von wirklich nackt. Die Wände sind weiß, die Sessel schwarz, das wirkt jedenfalls einladende­r als umgekehrt. Einerseits muss ein echter Freak sein, wer so diniert – im Adamskostü­m ohne Handy kann man schließlic­h kein Food-Picture auf Instagram stellen. Anderersei­ts weiß man, dass es nur das Essen gewesen sein kann, wenn man sich im O’Naturel vergiftet hat.

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