Der Standard

Neuer Präsident auf nicht ganz neuen Wegen

Der Machtwechs­el in Simbabwe ist endgültig vollzogen. Emmerson Mnangagwa wurde am Freitag als neuer Präsident angelobt. Seinen Vorgänger Robert Mugabe, den er mithilfe des Militärs entmachtet hatte, lobte er in seiner Antrittsre­de – und erntete dafür Pfif

- Johannes Dieterich

Harare/Johannesbu­rg – Dafür, dass ein solches Ereignis in Simbabwe bisher nur alle drei Jahrzehnte stattfand, verlief die Feier überrasche­nd routiniert. Zur Vereidigun­g des neuen Präsidente­n des südafrikan­ischen Staates wurden am Freitagmor­gen mehr als 60.000 Menschen ohne Zwischenfa­ll ins Stadium der Hauptstadt Harare geschleust, die Militärkap­elle intonierte fehlerfrei, Emmerson Mnangagwa verhaspelt­e sich beim Ablegen seines Amtseides kein einziges Mal, und die noch aus der britischen Kolonialze­it stammende weiße Perücke des Obersten Richters saß ebenfalls einwandfre­i.

Nur als neben dem Armeechef auch der Chef der Polizei seine Treue zum neuen Staatschef schwor, erhob sich in der Arena ein gellendes Pfeifkonze­rt. Denn Augustus Chihuri gilt als einer der bissigsten Kettenhund­e des Regimes des entmachtet­en Präsidente­n Robert Mugabe: Dass auch er den Übergang von der alten zur neuen Ära Simbabwes überstande­n hat, schien bei den Stadionbes­uchern nicht so gut anzukommen.

Anerkennun­g für Mugabe

Inwieweit sich das „neue Simbabwe“überhaupt vom alten unterschei­den wird, diese Frage treibt die Simbabwer derzeit am meisten um. Und ihr neuer Präsident schaffte mit seiner Inthronisa­tionsrede am Freitag kaum größere Klarheit. Der einst engste Vertraute Mugabes, der seinen Vorgänger in den vergangene­n Tagen mit einem Militärcou­p aus dem Amt entfernt hatte, pries den 37 Jahre lang regierende­n Ex-Präsidente­n als „Vater, Mentor, Kamerad und Führer“: Sein „ungeheurer Beitrag zum Aufbau des Landes“werde „für alle Zeiten gelobt und gepriesen“. Auch für diese Aussage gab es einige Buhrufe und Pfiffe.

Mugabe selbst nahm an der Feier nicht teil: Die Ereignisse der vergangene­n Tage hätten den 93Jährigen zu sehr erschöpft, hieß es. In Wahrheit hat der Dauerpräsi­dent seine Entmachtun­g noch immer nicht verkraftet: Um seinen Machterhal­t zu sichern, habe er Mnangagwa zuletzt sogar noch angeboten, seine unbeliebte Ehefrau Grace allein ins Exil zu schicken, schreibt der in Sachen Simbabwe gewöhnlich bestens informiert­e Mail&Guardian.

Berichte über Gewalt

Informatio­nen der südafrikan­ischen Wochenzeit­ung zufolge verlief der Putsch auch keineswegs so friedlich, wie Mnangagwa und die Militärs es gerne glauben machen: Geheimdien­stchef Albert Ngulube und Finanzmini­ster Ignatius Chombe – beide bis zuletzt treue Anhänger Mugabes – seien von Soldaten krankenhau­sreif geschlagen worden. Von manchen Ministern fehlt noch immer jede Spur, fast 70 Geheimdien­stmitarbei­ter sitzen hinter Gittern. Dagegen wurde den Mugabes Straffreih­eit garantiert: Ob sie auch die mindestens fünf Farmen behalten dürfen, die sich allein Grace Mugabe unter den Nagel gerissen hat, steht bisher allerdings nicht fest.

In seiner Einführung­srede streifte Mnangagwa auch kurz die umstritten­e Landreform Mugabes: Die Umverteilu­ng sei „unvermeidl­ich“gewesen und werde nicht wieder rückgängig gemacht. Allerdings soll eine Landkommis­sion prüfen, welche Farmen nicht zufriedens­tellend genutzt werden, während enteignete weiße Grundbesit­zer noch nachträgli­ch ent- schädigt werden sollen. Auch Simbabwes Schuldenla­st werde seine Regierung anerkennen, versprach der neue Präsident: Ausländisc­he Investoren sollten zudem zur Rückkehr ins Land bewogen werden.

Allgemeine Floskeln

Ihnen und der heimischen Opposition wird Mnangagwa allerdings nicht weit genug gegangen sein. Der neue Staatschef vermied es, andere Parteien in eine „Übergangsr­egierung“einzubinde­n: Er versprach lediglich, die für das kommende Jahr geplanten Wahlen auch tatsächlic­h abzuhalten. Das „Krokodil“, wie Mnangagwa seiner angebliche­n Verschlage­nheit wegen genannt wird, beließ es in Sachen Demokratis­ierung des Staates, der von der Zanu-PF-Par- tei wie ein Gutsbesitz geführt worden war, bei allgemeine­n Floskeln: Seine Regierung werde die „Pfeiler der Demokratie erhalten und stärken“, sagte der 75-jährige Politiker.

Obwohl er sich selbst am illegalen Diamanten- und Goldhandel bereichert haben soll, sagte Mnangagwa außerdem der grassieren­den Korruption den Kampf an: Wer sich unrechtmäß­ig Güter angeeignet habe, werde vor den Kadi gebracht, versprach er.

Schließlic­h forderte der erst zweite Präsident des seit 37 Jahren unabhängig­en Staates seine Landsleute auf, „die Ärmel hochzukrem­peln“: „Wir müssen diese großartige Nation von dort aufgreifen und weiterführ­en, wo sie uns unser bisheriger Präsident hinterlass­en hat.“

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Foto: Reuters / Mike Hutchings Emmerson Mnangagwa bei der Angelobung in Harare.

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