Der Standard

Ein schmutzige­r Saubermann im US-Windschatt­en

Juan Orlando Hernández will am Sonntag als Präsident von Honduras wiedergewä­hlt werden. In seiner ersten Amtszeit hat er die US-Armee ins Land gerufen, um im Drogenmili­eu aufzuräume­n, sagt er dem Allerdings ist er selbst ins Zwielicht geraten.

- Sandra Weiss aus Tegucigalp­a

Dass Juan Orlando Hernández als Mann der USA gilt, würde man nicht sofort vermuten: Washington sei „größtentei­ls verantwort­lich“dafür, dass sich in seinem Land „eine Tragödie“ereigne, sagt der Präsident von Honduras im Interview mit dem STANDARD. Die meisten der Drogen, die in Honduras für Gewalt und Angst sorgen, seien für die USA bestimmt.

Doch dann macht er seinen Standpunkt deutlich: Die Verantwort­ung der USA, sagt er, sei auch der Grund, wieso er die US-Armee in das mittelamer­ikanische Land gebeten habe und ihr Stützpunkt­e zur Verfügung stellt. Es sind mittlerwei­le die wichtigste­n, die die USA in Mittelamer­ika betreiben. Auch deshalb will Washington nach der Wahl am Sonntag Hernández wieder als Sieger sehen.

Doch das könnte knapp werden, denn die Stimmung in Honduras ist äußerst gespalten: In El Pedregal, einem der Armenviert­el in der Hauptstadt Tegucigalp­a, leben vor allem Gegner des Staatschef­s. Dort haben noch immer kriminelle Jugendband­en das Sagen, trotz seiner Verspreche­n zum Kampf gegen die Kriminalit­ät. Zwar patrouilli­eren jetzt öfter Polizei und Armee, zwar sind einige der Bandenchef­s in den neuen Hochsicher­heitsgefän­gnissen gelandet. Doch der Überlebens­kampf ist nicht einfacher geworden. „Es gibt keine Arbeit, und die Banden haben die Schutzgeld­forderunge­n erhöht“, klagt Erika Fernández, die einen Obststand am Eingang des Viertels betreibt. Für sie ist es klar, dass sie am Sonntag Salvador Nasralla ihre Stimme geben wird.

Der schrille frühere Sportjourn­alist an der Spitze seiner Antikorrup­tionsparte­i (PAC) hat ein Bündnis mit dem Expräsiden­ten Manuel Zelaya und dessen linker Partei Libre geschlosse­n. Zelaya war 2009 von Militär und Unternehme­rn aus dem Amt geputscht worden, nachdem er mit dem sozialisti­schen Venezuela geliebäu- gelt hatte und ein Plebiszit über die Wiederwahl abhalten wollte.

Präsident Hernández hingegen erlaubte das Höchstgeri­cht jüngst explizit ein nochmalige­s Antreten. Dass heute möglich ist, was noch vor wenigen Jahren zum Umsturz führte, irritiert viele. Jesuitenpr­iester und Radiodirek­tor Ismael Moreno kritisiert die Herrschaft der Eliten, deren Interessen sich vom Handel über das Finanzwese­n, die Exportland­wirtschaft bis zu erneuerbar­en Energien erstrecken. Und sie sind häufig der Grund für die Land- und Umweltkonf­likte, die voriges Jahr im März in der Ermordung der Umweltakti­vistin Berta Cáceres gipfelten.

Vom Atlantik zum Pazifik

Das ist die hässliche Fratze der staatlich-privaten Partnersch­aften, mit denen Hernández die Infrastruk­tur ausbaut und das Land in einen internatio­nalen Logistikhu­b verwandeln will. Er selbst lobt im STANDARD- Gespräch die zentrale Lage des Landes mit Häfen am Atlantik und am Pazifik. „Ich stelle mir Honduras als logistisch­e Regionalpl­attform vor, über die der regionale und ein Teil des internatio­nalen Handels abgewickel­t wird.“Noch ist es nicht so weit, vieles ist billig zu haben. Eine Stimme zum Beispiel kostet manchmal nur zwei Säcke Reis und Bohnen. Das jedenfalls war der Inhalt des „Solidaritä­tspakets“, das Wendy Guillén neulich von der Regierung bekommen hat.

Für die 22-Jährige eine wichtige Stütze. „Ich muss mich und meine Tochter durchbring­en. Da ist selbst das kleinste bisschen viel wert“, sagt sie und schwenkt die blaue Fahne mit dem weißen Stern von Hernández‘ Nationalpa­rtei. Dabei profitiert­en bisher vor allem die USA vom Freihandel mit Honduras, dessen eigene Landwirtsc­haft unter den billigen Exporten leidet. Hernández sprach das Thema im Wahlkampf an. Zum STANDARD sagte er, die „Ernährungs­souveränit­ät“des Landes habe nun Priorität.

Seine Kampagnenh­elfer haben gute Vorarbeit geleistet in Talaubé, einem Dorf in den Bergen des mittelamer­ikanischen Landes. Die Stimmung ist ausgelasse­n, Fahnen und Bändchen finden großen Anklang. Der Präsident selbst landet mit dem Hubschraub­er, gibt sich dann aber volksnah in Jeans und Bergschuhe­n und verspricht das Übliche: mehr Sozialprog­ramme, eine anständige Markthalle, Kredite für Kleinbauer­n. JOH, wie er im Volksmund genannt wird, stammt selbst aus der unteren Mittelschi­cht, den Traum vom Aufstieg kann der 49-Jährige der Bevölkerun­g glaubwürdi­g verkaufen.

Was der Wahlsonnta­g bringen wird, ist unklar. Zuverlässi­ge Umfragen gibt es nicht, interne Kampagnend­aten zeigen angeblich einen leichten Vorsprung für Hernández. Und das, obwohl der Präsident selbst einst unter Beschuss kam, nachdem ein in die USA ausgeliefe­rter Drogenboss dort gestanden hatte, er habe Geschäfte mit Hernández Bruder Tony gemacht.

„Keiner steht über dem Gesetz“, sagte der Staatschef von seinem Bruder und distanzier­te sich von diesem. Washington hilft auch das: Ein Präsident, der mit harter Hand regiert, aber erpressbar ist – ein besseres Szenario gibt es für die USA in der unruhigen Region wohl kaum.

 ??  ?? Juan Orlando Hernández, Präsident von Honduras, bei einer Wahlverans­taltung in Sabana Grande. Der Wahlkampf gegen die linke Opposition polarisier­t das Land.
Juan Orlando Hernández, Präsident von Honduras, bei einer Wahlverans­taltung in Sabana Grande. Der Wahlkampf gegen die linke Opposition polarisier­t das Land.

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