Freiheitliche Seilschaften im Abwehramt
Ein Abteilungsleiter des Heeresabwehramts kandidierte bei der Nationalratswahl für die FPÖ. Gleichzeitig flossen Interna des Dienstes an die Freiheitlichen. Ermittlungen zum Informationsleck blieben bislang aus.
Wien – Im Abwehramt dürften einige Mitarbeiter nicht schlecht gestaunt haben, als sie die parlamentarische Anfrage des FPÖ-Abgeordneten Wolfgang Zanger zu Gesicht bekamen: Der freiheitliche Mandatar war offenbar bestens über Interna des militärischen Nachrichtendienstes informiert worden. „Es ist für das Abwehramt nicht nachvollziehbar, wie der Ersteller der Anfrage zu den Informationen kommt“, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Zanger fragte etwa nach organisatorischen Änderungen. Würden diese durchgeführt werden, könnte das Personalrochaden zugunsten eines Abwehramtsmitarbeiters zur Folge haben.
Bei diesem Mitarbeiter handelt es sich um einen Abteilungsleiter namens P., der bei der vergangenen Nationalratswahl für die FPÖ kandidiert hat. Das Verteidigungsministerium bestätigt diese Recherchen von STANDARD und Profil. „Politische Aktivitäten eines Angehören des Abwehramtes sind kein Hindernis für das Wahrnehmen seiner Funktion im Abwehramt“, so das Ministerium.
Das ist ein ungewöhnlicher Vorgang, da das Abwehramt selbst die Öffentlichkeit scheut – und beim Abteilungsleiter Interessenkonflikte entstehen könnten. Denn P. soll jene Abteilung leiten, die für militärische Verlässlichkeitsprüfungen zuständig ist. Dort wird etwa geprüft, ob dem Bundesheer wegen rechtsextremer Umtriebe seiner Soldaten Gefahr droht.
der STANDARD hatte etwa darüber berichtet, dass Fans der rechtsextremen Identitären-Bewegung, die Aktivisten des Rings Freiheitlicher Jugend sind, an einem Schießwettbewerb des Heeres teilgenommen hatten. Außerdem läuft eine Verlässlichkeitsprüfung des Linzer Vizebürgermeisters Detlef Wimmer (FPÖ). Die Abteilung, die angeblich von P. geleitet wird, beschäftigt sich also mit Parteifreunden ihres Leiters.
Das Nachrichtenmagazin News zitierte 2012 aus einem Abwehr- amt-Akt über Wimmer, in dem ihm „Verbindungen zu verfassungsfeindlichen Proponenten“attestiert wurden. Wimmer war damals „mangels Bedarfs“von Übungen der Miliz „befreit“worden.
Gespräch mit Doskozil
Nun wurde diese Befreiung aufgehoben, wie das Profil vor zwei Wochen berichtet hat. Laut Wimmer soll das aber nicht mit einer etwaigen Prüfung durch das Abwehramt zusammenhängen. Vielmehr hat Wimmer laut eigenen Angaben seine Situation bei einem persönlichen Gespräch mit Doskozil besprochen. Die Aufhebung der Befreiung sei per Bescheid im Juni erfolgt. Doskozil gilt als Anhänger einer rot-blauen Koalition nach dem Vorbild Burgenlands.
Eine Bekanntschaft mit Abwehramts-Abteilungsleiter P. streitet Wimmer ab. Er habe den Namen „vor einer Woche das erste Mal ge- hört“, als er „erfahren hat“, dass der STANDARD und ein anderes Medium, gemeint ist wohl Profil, zu diesem Thema „recherchieren“würden. Ein kurioser Vorgang, da damals nur eine Anfrage im Verteidigungsministerium erfolgt war. Hat man dort den FPÖ-Politiker über die Recherchen der Journalisten informiert? Ministeriumssprecher Michael Bauer sagt, dass „grundsätzlich jeder mit jedem“reden könne. Wimmer sagt, ein „flüchtiger Bekannter“habe ihm von Recherchen erzählt.
Auch Wolfgang Zanger, der die parlamentarische Anfrage mit Abwehramt-Interna erstellt hat, bestreitet, P. zu kennen. Woher die Infos stammen, sei „vertraulich“. Laut Verteidigungsministerium wurde weder intern noch extern untersucht, wie Informationen nach außen gelangt sind. SPÖJustizsprecher Hannes Jarolim bezeichnete die Verdachtslage im Gespräch mit dem STANDARD als „beklemmend“. Jarolim vermutet einen „Maulwurf, der massiv amtsmissbräuchlich tätig ist“. Er will „mit allen verfügbaren Mitteln verfolgen“, wie der Info-Abfluss erfolgt ist – und kündigt eine parlamentarische Anfrage an.