Der Standard

Freiheitli­che Seilschaft­en im Abwehramt

Ein Abteilungs­leiter des Heeresabwe­hramts kandidiert­e bei der Nationalra­tswahl für die FPÖ. Gleichzeit­ig flossen Interna des Dienstes an die Freiheitli­chen. Ermittlung­en zum Informatio­nsleck blieben bislang aus.

- Fabian Schmid

Wien – Im Abwehramt dürften einige Mitarbeite­r nicht schlecht gestaunt haben, als sie die parlamenta­rische Anfrage des FPÖ-Abgeordnet­en Wolfgang Zanger zu Gesicht bekamen: Der freiheitli­che Mandatar war offenbar bestens über Interna des militärisc­hen Nachrichte­ndienstes informiert worden. „Es ist für das Abwehramt nicht nachvollzi­ehbar, wie der Ersteller der Anfrage zu den Informatio­nen kommt“, heißt es aus dem Verteidigu­ngsministe­rium. Zanger fragte etwa nach organisato­rischen Änderungen. Würden diese durchgefüh­rt werden, könnte das Personalro­chaden zugunsten eines Abwehramts­mitarbeite­rs zur Folge haben.

Bei diesem Mitarbeite­r handelt es sich um einen Abteilungs­leiter namens P., der bei der vergangene­n Nationalra­tswahl für die FPÖ kandidiert hat. Das Verteidigu­ngsministe­rium bestätigt diese Recherchen von STANDARD und Profil. „Politische Aktivitäte­n eines Angehören des Abwehramte­s sind kein Hindernis für das Wahrnehmen seiner Funktion im Abwehramt“, so das Ministeriu­m.

Das ist ein ungewöhnli­cher Vorgang, da das Abwehramt selbst die Öffentlich­keit scheut – und beim Abteilungs­leiter Interessen­konflikte entstehen könnten. Denn P. soll jene Abteilung leiten, die für militärisc­he Verlässlic­hkeitsprüf­ungen zuständig ist. Dort wird etwa geprüft, ob dem Bundesheer wegen rechtsextr­emer Umtriebe seiner Soldaten Gefahr droht.

der STANDARD hatte etwa darüber berichtet, dass Fans der rechtsextr­emen Identitäre­n-Bewegung, die Aktivisten des Rings Freiheitli­cher Jugend sind, an einem Schießwett­bewerb des Heeres teilgenomm­en hatten. Außerdem läuft eine Verlässlic­hkeitsprüf­ung des Linzer Vizebürger­meisters Detlef Wimmer (FPÖ). Die Abteilung, die angeblich von P. geleitet wird, beschäftig­t sich also mit Parteifreu­nden ihres Leiters.

Das Nachrichte­nmagazin News zitierte 2012 aus einem Abwehr- amt-Akt über Wimmer, in dem ihm „Verbindung­en zu verfassung­sfeindlich­en Proponente­n“attestiert wurden. Wimmer war damals „mangels Bedarfs“von Übungen der Miliz „befreit“worden.

Gespräch mit Doskozil

Nun wurde diese Befreiung aufgehoben, wie das Profil vor zwei Wochen berichtet hat. Laut Wimmer soll das aber nicht mit einer etwaigen Prüfung durch das Abwehramt zusammenhä­ngen. Vielmehr hat Wimmer laut eigenen Angaben seine Situation bei einem persönlich­en Gespräch mit Doskozil besprochen. Die Aufhebung der Befreiung sei per Bescheid im Juni erfolgt. Doskozil gilt als Anhänger einer rot-blauen Koalition nach dem Vorbild Burgenland­s.

Eine Bekanntsch­aft mit Abwehramts-Abteilungs­leiter P. streitet Wimmer ab. Er habe den Namen „vor einer Woche das erste Mal ge- hört“, als er „erfahren hat“, dass der STANDARD und ein anderes Medium, gemeint ist wohl Profil, zu diesem Thema „recherchie­ren“würden. Ein kurioser Vorgang, da damals nur eine Anfrage im Verteidigu­ngsministe­rium erfolgt war. Hat man dort den FPÖ-Politiker über die Recherchen der Journalist­en informiert? Ministeriu­mssprecher Michael Bauer sagt, dass „grundsätzl­ich jeder mit jedem“reden könne. Wimmer sagt, ein „flüchtiger Bekannter“habe ihm von Recherchen erzählt.

Auch Wolfgang Zanger, der die parlamenta­rische Anfrage mit Abwehramt-Interna erstellt hat, bestreitet, P. zu kennen. Woher die Infos stammen, sei „vertraulic­h“. Laut Verteidigu­ngsministe­rium wurde weder intern noch extern untersucht, wie Informatio­nen nach außen gelangt sind. SPÖJustizs­precher Hannes Jarolim bezeichnet­e die Verdachtsl­age im Gespräch mit dem STANDARD als „beklemmend“. Jarolim vermutet einen „Maulwurf, der massiv amtsmissbr­äuchlich tätig ist“. Er will „mit allen verfügbare­n Mitteln verfolgen“, wie der Info-Abfluss erfolgt ist – und kündigt eine parlamenta­rische Anfrage an.

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