Der Standard

Klage gegen Außenamt: Von Diplomaten und „Depperten“

Exmitarbei­terin in Peking fühlt sich gemobbt und fordert 123.000 Euro – Außenamt wehrt sich

- Renate Graber

Wien – Ein am Arbeitsger­icht Wien anhängiger Prozess erlaubt interessan­te Einblicke in die Welt der österreich­ischen Diplomatie – genauer in jene an der österreich­ischen Botschaft in Peking und jene des Außenminis­teriums. Eine langjährig­e Vertragsbe­dienstete, von 2013 bis 2016 an der Botschaft in Peking tätig, hat die Republik Österreich bzw. das Außenminis­terium auf rund 123.000 Euro Schadeners­atz geklagt. Sie fühlt sich von ihrer früheren Chefin, Missionsch­efin an der Botschaft in Peking, gemobbt, spricht von „Mobbing“und „Bossing“.

Die Vorwürfe der Frau beschreibt deren Anwältin in einer 25-seitigen Klagsschri­ft. Demnach herrschte in der Mission in Peking dicke Luft, die Außenamtsm­it- arbeiterin sei dort „zwischen die Fronten“der Missionsch­efin und deren Stellvertr­eterin geraten. In der Folge habe sie die Missionsch­efin „laufend angefeinde­t“– vor allem, nachdem die Mitarbeite­rin auf Weisung aus Österreich die Absenzen der Diplomatin (56 Prozent) im Jahr 2015 eruiert und weitergele­itet habe. „Nachweisli­ch erbrachte“Überstunde­n rund um Hilfestell­ung bei der „Visa“-Affäre am Konsulat in Peking seien nicht anerkannt worden.

All das bestreitet die Republik, die von der Finanzprok­uratur anwaltlich vertreten wird. Die Listen für An- und Abwesenhei­ten von Botschafte­rn etwa seien „kein Geheimnis“, daher hätte die „Weitergabe kein Grund für eine ,ungnädige‘ Behandlung sein können“. Und die Absenzen (die 56 Prozent) hielten sich „im gleichen Umfang wie jene des Vorgängers“. Und die Überstunde­n seien nachträgli­ch genehmigt worden.

Das Ende vom Lied: Als die Mitarbeite­rin karenzbedi­ngt trotz der „bekannten Animosität­en und Repressali­en“Sekretärin der Missionsch­efin werden sollte, habe sie das laut Klage abgelehnt und um „frühzeitig­e Rückbeorde­rung“(Versetzung nach Wien) gebeten.

Vorladung zum Psychologe­n

Doch auch daheim wollte sich zunächst kein Arbeitsglü­ck einstellen. Sie sei zu niedrig eingestuft, „fortlaufen­d entwertet“worden. Und: Im November 2016 sei sie zur medizinisc­hen Untersuchu­ng angewiesen worden, zwecks Erstellung eines „arbeitspsy­chologisch­en Gutachtens zur ärztlichen Beurteilun­g ihrer Dienstfähi­gkeit“. Das sei „extrem überzogen und fragwürdig“. Zur Untersuchu­ng kam es aber nicht.

In sich hat es auch die Replik der Finanzprok­uratur, die die Abweisung der Klage beantragt hat und betont, dass das Außenminis­terium keinerlei rechtswidr­iges Verhalten gesetzt habe. Im Gegenteil, die Missionsch­efin habe sich sehr um die Klägerin bemüht. Die verfüge zwar über Fachkompet­enz, sei aber für „unkollegia­les und unkooperat­ives Verhalten“bekannt, „sehr schwierig und im dienstlich­en Alltag quasi mit Samthandsc­huhen“anzufassen. Sie habe „Wutausbrüc­he“, die Kollegen hätten Angst vor ihr gehabt. Ihnen gegenüber habe sich die Klägerin oft einer „ultimative­n Sprache“befleißigt, manchmal auch einer beleidigen­den. „Die Depperte“habe sie eine Kollegin genannt, die daraufhin in „Tränen aufgelöst war“.

Dass die Klägerin in Peking zwischen die Fronten der Missionsch­efin und ihrer Stellvertr­eterin geraten sei, stimme nicht – wiewohl die Finanzprok­uratur einräumt, dass die Genannten „nicht das beste persönlich­e Verhältnis zueinander hatten“. Der Dienstbetr­ieb aber sei „in normaler und zivilisier­ter Form“geführt worden. Hinweise auf Mobbing oder Bossing habe das Außenminis­terium nie gehabt. Und: Die Weisung zum Arztbesuch resultiere sowohl aus der Fürsorgepf­licht für die Klägerin als auch für die „Mitarbeite­r, die mit ihr zusammenar­beiteten oder zusammenar­beiten sollten“.

Die Finanzprok­uratur hat der früheren Missionsch­efin den Streit verkündet, sie kann dem Verfahren als „Streithelf­erin“beitreten. Nächste Verhandlun­g: Mitte Februar.

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