Der Standard

Im Auftrag des Herrn auf der Berufsinfo­rmationsme­sse

Der Kapuzinero­rden geht neue Wege: Auf der Salzburger Berufsinfo­rmationsme­sse bieten die Männer in der braunen Kutte Freizeitan­gebote für Burschen und Mädchen an. Wer will, kann auch einige Tage ins Kloster ziehen oder in Missionsge­bieten arbeiten.

- Thomas Neuhold

Salzburg – Messegelän­de Salzburg, Halle neun, Koje 20 – es ist ein sehr kleiner Messestand, den sich die zwei Kapuziner auf der inzwischen 26. Salzburger Berufsinfo­rmationsme­sse teilen. Gleich ums Eck keilt die deutsche Bundeswehr um Jungmänner, daneben der martialisc­h anmutende Stand des österreich­ischen Heeres. Unwillkürl­ich fragt man sich, wer die Standzutei­lung eigentlich organisier­t. Der Zuständige bei der Wirtschaft­skammer, die die größte Berufsmess­e Westösterr­eichs organisier­t, hat vermutlich Humor.

Bruder Kletus – mit zivilem Nachnahmen Hutter – weiß wohl um die räumlich merkwürdig­e Zuordnung: „Wir rekrutiere­n hier keine neuen Mitglieder“, sagt er. Warum ist dann der Kapuzinero­rden auf einer Berufsinfo­rmationsme­sse vertreten?

Kletus Hutter, selbst eigentlich noch ein Lehrling, sprich Novize, versucht es so: „Wir wollen Prä- senz zeigen.“Die Männer in der braunen Ordenskutt­e wollen „dort sein, wo heute nach Orientieru­ngshilfen gesucht wird“.

Die Angebote der Kapuziner sind auch nicht unbedingt auf Mitglieder­werbung ausgericht­et. Das Ganze wirkt wie ein Stand eines Eventunter­nehmers: „Wir gehen in Rom los und wandern den Franziskus­weg entlang bis Assisi“, bewirbt ein Prospekt einen Weitwander­weg. Die Aktion „Klostertag­e für junge Leute, die einige Zeit mit uns Kapuzinern mitleben wollen“, richtet sich an Burschen wie Mädchen gleicherma­ßen. Auch der freiwillig­e Sozialdien­st in Missionsge­bieten verspricht Action.

Etwa 30.000 Jugendlich­e werden auf der bis Sonntag dauernden viertägige­n Berufsmess­e erwartet. Der eine oder die andere verirrt sich dann wohl auch zu den Kapuzinern. Die Fragen der jungen Menschen an die Brüder – „wir sind keine Mönche“, klärt Kletus Hutter auf – sind allesamt naheliegen­d: Wie funktionie­rt das Klosterleb­en so ganz ohne Partnersch­aft? Und: Was verdient ein Kapuziner eigentlich?

„Alles, was wir beispielsw­eise als Religionsl­ehrer in Schulen einnehmen, kommt in den Gemeinscha­ftstopf des Klosters. Davon bekommen wir ein Taschengel­d.“Klingt für Jugendlich­e nicht unbedingt verlockend. Der aus der Schweiz stammende Bruder Kletus lächelt, zeigt auf seine Kutte: „Wir brauchen ja nicht viel.“

Ausbildung in Salzburg

Wer sich dann wirklich für den Orden interessie­rt, wird Postulant – so wie der deutsche Christian Boeing, der Kletus Hutter auf der Messe begleitet. Postulante­n sind Interessie­rte, die das Klosterleb­en eine Zeit mitmachen, um sich entscheide­n zu können, ob sie wirklich dem Bettelorde­n beitreten wollen. An den weltlichen Infostände­n der Berufsmess­e würde man Schnupperl­ehre sagen.

Entscheide­n sich junge Männer dann für den Orden, kommen sie nach Salzburg. Hier steht am Kapuzinerb­erg das Ausbildung­skloster für die Kapuzinerp­rovinz Österreich und Südtirol, in der etwa 100 Ordensleut­e in 17 Klöstern leben. Weltweit gibt es derzeit 10.500 Kapuziner in 106 Staaten.

 ??  ?? Ein kleiner Messestand zwischen Konzernen und Militär: Kletus Hutter und Christian Boeing informiere­n über die Angebote der Kapuziner.
Ein kleiner Messestand zwischen Konzernen und Militär: Kletus Hutter und Christian Boeing informiere­n über die Angebote der Kapuziner.

Newspapers in German

Newspapers from Austria