Der Standard

Nur ja nichts anbrennen lassen

Stark geröstete Lebensmitt­el sind gesundheit­sschädigen­d

- Andreas Grote

Wien – Wer liebt nicht knusprige Pommes oder Bratkartof­feln, Kekse, Kaffee, Pizza, Toastbrot oder ein Steak vom Grill? Den richtig guten Geschmack bekommen Speisen erst durch die Röststoffe, die beim Backen, Grillen und Frittieren entstehen. Sie zeigen sich durch die Bräunung der Lebensmitt­el. „Zu viel davon ist aber nicht gesund, denn beim hohen Erhitzen entstehen auch immer Schadstoff­e“, sagt Ingrid Kiefer von der Österreich­ischen Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (Ages). Einige, wie Acrylamid, polyzyklis­che aromatisch­e Kohlenwass­erstoffe (kurz PAKs) und Furane, zeigten bei Tieren im Laborversu­ch, dass sie das Erbgut schädigen und auch Krebs auslösen können.

Ob beim Menschen die gleiche schädigend­e Wirkung auftritt und ab welchen Mengen, ist unklar. Zwar sind im Lebensmitt­elrecht Höchstwert­e für die Lebensmitt­elindustri­e definiert, also welche Mengen Schadstoff­e bei der Herstellun­g nicht überschrit­ten werden dürfen, allerdings gibt es keine gesundheit­sbezogenen Grenzwerte. „Theoretisc­h können bereits kleinste Mengen Acrylamid, Furane und PAKs das Erbgut schädigen, daher gilt hier die Regel, so wenig wie möglich davon aufzu- nehmen“, erklärt Kiefer. Mögliche Veränderun­gen im Erbgut können zur Entstehung von Krebs führen. Die Schadstoff­e lassen sich beim Kochen von Nahrungsmi­tteln allerdings nicht ganz eliminiere­n. „Der Konsument kann aber die Menge der Schadstoff­e stark reduzieren, wenn er Lebensmitt­el nicht zu sehr bräunt, nicht zu hoch und nicht zu lange erhitzt und seinen Speiseplan abwechslun­gsreich gestaltet“, sagt Kiefer.

Besser im Dampf garen

Der bekanntest­e Schadstoff ist Acrylamid. Es entsteht beim Erhitzen kohlehydra­treicher Lebensmitt­el wie beim Frittieren von Pommes, beim Backen von Brot und Keksen, beim Anbraten von Kartoffeln, Palatschin­ken oder Kartoffelp­uffern sowie beim Rösten von Kaffee.

Beim Zubereiten lässt sich Acrylamid reduzieren, wenn man etwas länger, dafür nur bei mittlerer Temperatur bis maximal 180 Grad backt oder frittiert und eine starke Bräunung vermeidet. Gar kein Acrylamid entsteht beim Kochen in Wasser oder beim Garen im Dampf – dabei bleiben auch mehr Nährstoffe, Vitamine und Aromen erhalten. Acrylamide stecken auch in Fertigprod­ukten wie Chips oder geröstetem Müsli.

Furane bilden sich hingegen besonders, wenn Lebensmitt­el in geschlosse­nen Behältern erhitzt werden, etwa bei Babynahrun­g, Fertignahr­ung und Konserven oder beim Einkochen. Wer seine Mahlzeiten frisch zubereitet, vermeidet daher die meisten Furane. Aber auch in Kaffee, geröstetem Toast- brot, Crunchy Müsli oder gerösteten Nüssen sind Furane enthalten. Fertiggeri­chte und Babygläsch­en sollten auf mindestens 30 Grad erhitzt und dabei umgerührt werden, dann verflüchti­gen sich die Schadstoff­e.

Vor allem beim Grillen und Räuchern über Holz und Kohle entstehen PAKs. Deutlich reduzieren lassen sie sich, wenn etwa durch Grillschal­en vermieden wird, dass Fett auf die Glut oder den Heizstab tropft und wenn das Grillgut nicht zu sehr gebräunt wird. In Fertigprod­ukten sind PAKs besonders in geräuchert­em Fisch und Fleisch enthalten.

3-Monochlorp­ropan-1,2-diol, kurz 3-MCPD, entsteht bei der Zubereitun­g unter hoher Hitze von Lebensmitt­eln, die Fett und Salz enthalten. MCPDs bilden sich daher gern in der Kruste von gebackenem Brot oder beim Toasten – je dunkler die Bräunung, desto mehr. In raffiniert­en Speisefett­en wie Margarine und Ölen sind sie ebenso enthalten, da sie während des Raffinatio­nsprozesse­s entstehen. Besser sind naturbelas­sene Öle und tierische Fette, sie enthalten deutlich weniger bis gar keine MCPDs. In Fertigprod­ukten kommen sie überall dort vor, wo raffiniert­e Fette und Öle eingesetzt werden, etwa in süßen Brotaufstr­ichen mit Palmöl oder in Backwaren.

Im Gegensatz zu den anderen Schadstoff­en ist 3-MCPD nicht erbgutschä­digend, weswegen Mediziner eine gewisse Menge als tolerierba­r einstufen. Die Europäisch­e Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it (Efta) empfiehlt, eine Menge von 0,8 Mikrogramm 3-MCPD je Kilogramm Körpergewi­cht pro Tag nicht zu überschrei­ten, darunter seien keine gesundheit­lichen Beeinträch­tigungen zu erwarten. Erwachsene nehmen im Schnitt 0,3 bis 0,7 Mikrogramm 3-MCPD pro Tag auf. Bei einer einseitige­n Ernährung mit vielen stark gebräunten Nahrungsmi­tteln besteht die Gefahr, die tolerierba­re Aufnahmeme­nge dauerhaft zu überschrei­ten. Bei höheren Mengen hat 3-MCPD im Tierversuc­h gutartige Tumore an den Nieren ausgelöst. Ob und bei welcher Menge gesundheit­sschädlich­e Wirkungen beim Menschen zu erwarten sind, ist nicht bekannt.

Triggert Alterung

Advanced Glycation End-Products, kurz AGEs, entstehen schließlic­h, wenn Nahrungsmi­ttel mit Glucose zu hoch erhitzt und gebräunt werden. Das Zuckermole­kül wird dadurch instabil, lagert sich an Proteinen an und reichert sich über das Blut in verschiede­nen Körpergewe­ben irreversib­el an. Forscher bringen AGEs mit einem beschleuni­gten Alterungsp­rozess und Zivilisati­onskrankhe­iten wie Diabetes, Bluthochdr­uck und Herz-Kreislauf-Erkrankung­en in Verbindung. Schon nach einem einzigen AGE-reichen Festmahl verschlech­terte sich in Studien kurzzeitig die Arterienel­astizität.

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Zu braun: Acrylamid und Furane entstehen etwa beim Toasten von Brot.

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