Der Standard

Fliegen, die unterschät­zten Krankheits­überträger­innen

Stuben- und Schmeißfli­egen zählen zu den unbeliebte­sten Insektenar­ten – und das ganz zu Recht: Sie sind nämlich nicht nur lästig und eklig. Sie tragen sehr viel mehr gefährlich­e Keime mit sich herum als bisher gedacht, wie nun ein Forscherte­am herausfand.

- Klaus Taschwer

Singapur/Wien – Sie sind verhasst – und das aus guten Gründen: Stuben- und Schmeißfli­egen können nicht nur mit ihren aufdringli­chen Fluggeräus­chen anwesende Menschen zur Weißglut bringen. Die Insekten sind auch alles andere als appetitlic­he Zeitgenoss­en, da sie auf menschlich­e und tierische Körperauss­cheidungen wie Kot und Schweiß ebenso fliegen wie auf eiternde Wunden.

Ihre Namensgebe­r haben schon gewusst, warum sie die Schmeißfli­ege Schmeißfli­ege tauften: Im Althochdeu­tschen bedeutet das Verb schmeißen nichts anderes als beschmiere­n, bestreiche­n oder besudeln. Nicht von ungefähr kommt es, dass beide Fliegenspe­zies und ihre zahlreiche­n Unterarten als Vektoren für Krankheits­erreger gelten: Wie die Forschung seit langem vermutet, dürften die Fliegen mit ihren Ausscheidu­ngen Krankheite­n wie Ruhr, Typhus, Cholera, Salmonello­sen, Kinderlähm­ung oder Maul- und Klauenseuc­he verbreiten können.

Eine Bestätigun­g dafür liefert nun ein internatio­nales Forscherte­am um Stephan Schulter (Nanyang Technologi­cal University in Singapur) – und noch einiges mehr. Die Wissenscha­fter haben für ihre Studie im Fachblatt Scientific Reports die Mikrobiome – also die Gesamtheit aller Mikroorgan­ismen – von insgesamt 116 Stuben- und Schmeißfli­egen aus drei Kontinente­n im Detail untersucht und dabei eher unerfreuli­che Entdeckung­en gemacht.

Hunderte Bakteriena­rten

Die Fliegen trugen nämlich hunderte von verschiede­nen Bakteriena­rten mit sich herum, wie sich nach den aufwendige­n Untersuchu­ngen zeigte, die erstmals die gesamte mikrobiell­e DNA auf und in den Insekten analysiert­en. Dabei wurde offenbar, dass immerhin 15 Schmeißfli­egen – vor allem solche aus Brasilien – das Bakterium Helicobact­er pylori mit sich trugen, das schwere Magenkrank­heiten auslösen kann. Bisher gab es keinen konkreten Hinweis darauf, dass Fliegen auch dieses Pathogen übertragen können.

Die Keime fanden sich nicht nur im Kot der Fliegen, sondern vor allem auch auf ihren Beinen und den Flügeln. Für die Mikroben sind die Fliegen mithin ein ideales Transportm­ittel, um sich auszubreit­en, stellten die Wissenscha­fter fest. Entspreche­nd warnen sie davor, Lebensmitt­el zu konsumiere­n, die womöglich von Fliegen heimgesuch­t worden sind – etwa bei einem Picknick im Park oder auf offenen Märkten.

Die Forscher können den Fliegen nach der Studie aber auch etwas Positives abgewinnen. Dank der neuen Analysemög­lichkeiten könnte man die Insekten womöglich als „lebende Drohnen“einsetzen. Man könnte sie ausschwärm­en lassen und danach fangen und untersuche­n, um vor möglichen Seuchengef­ahren zu warnen.

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Forscher suchten Fliegen auch mit Elektronen­mikroskope­n nach Pathogenen ab – und wurden fündig.

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