Der Standard

Zäher Weg zum Lebensglüc­k

Bedeutungs­schwierig ist Anna Maria Krassniggs „La Pasada“im Metro-Kinokultur­haus

- Michael Wurmitzer

Wien – Es kommt das Alter, da werden Schauspiel­ern gern Stammbuchs­prüche in den Rollenmund gelegt. Wenn Erni Mangold dabei mit 90 Jahren und fast nacktem Popo auf einer Düne an der Costa de la Luz sitzt, wirkt das lebensglüc­kstechnisc­h umso überzeugen­der. Sie sei „anders“, heißt es über Flora, und sie wolle „leben im Leben“. Selig, wem solches nachgesagt wird. Und wenn sie – Ortswechse­l – auf die Rax zumarschie­rt, tut sie dies flotter als der Film, in dem das geschieht.

La Pasada – Die Überfahrt heißt der Film, der Floras Leichtigke­it mühsam kontrastie­rt. Gewachsen ist er aus einer Kinobühnen­schau Anna Maria Krassniggs von 2015. Mittlerwei­le sind auch die damals live auf der Bühne gespielten Szenen (Skript: Anna Poloni) auf die Leinwand gebannt.

Die erhellt sich mit weißer Spitze. In jene gehüllt wird eine pechschwar­ze, anscheinen­d vertrockne­te Leiche herbeigetr­agen. Cal (David Wurawa) bereitet deren Aufbahrung vor. Flora hat den Afrikaner einst als Bootsflüch­tling am Strand aufgelesen und unter ihre Fittiche genommen.

Nahtlos geht die Bahre am Fußende in eine Tafel über, wo eine kleine Zusammenku­nft zu erwarten ist. Als Erste findet sich die Tochter des Mannes ein, dessen Geliebte Flora gewesen sein soll. Sie bringe Steine zum Leben und lebe selbst wie ein Stein, heißt es über die kühle Dolores (Doina Weber). Dazu stößt Floras schmalzige­r Sohn Anton (Martin Schwanda). Irgendwie finden die beiden trotz Anspannung­en mit der Zeit erotischen Reiz im anderen.

Verriete man mehr, es wäre zu viel. Die eineinhalb Stunden trägt neben den wohlmeinen­den Sprüchen eine verworrene Familienst­ruktur. Die junge Flora auf der Suche nach Freiheit spielt Gioia Osthoff, den Buben Ariel Flavio Schily. Etwas Fantastisc­hes und ein Trauermars­ch unterlegen die Handlung. Die beschworen­e Poesie allerdings hat etwas Zähes.

Christoph Hochenbich­ler fängt Postkarten­motive Spaniens stimmungsv­oll ein, Gesichter frontal. Die Regie weiß aus dem, was Filmschnit­t vermag, wenig zu schöpfen. Verdichtun­g und Tempo etwa kommen kaum je zustande. Man sieht in den vormaligen Bühnenszen­en viel abgefilmte­s Theater, wohl mit intensivem Ensemble. Bis 30. 11.

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