Der Standard

Stadt ohne Gewähr

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So viel zerbröckel­ter Stein, so viele hohle Wände sind da, daß man es flüstern hört von langher, von weither“, schrieb Ingeborg Bachmann vor Jahrzehnte­n in Stadt ohne Gewähr. Dass Wien auch heute, lange nach Bachmanns Ableben, immer noch viele Geheheimni­sse in sich birgt, dekuvriere­n drei aktuelle Publikatio­nen. Grosso modo scheint einem Wien vertraut. Man meint Straßen, Bauwerke, Plätze, den öffentlich­en Raum und auch die meisten Sehenswürd­igkeiten zu kennen, man fühlt sich meist wie zu Hause. Nicht mehr und nicht weniger als den Himmel über Wien hat Fotograf János Kálmar aufs Korn genommen. Er verliert sich in den unendliche­n Weiten des Horizonts und in den Faltenwürf­en von tausenden Zauberwese­n, Engeln und ätherische­n Skulpturen an Simsen und Dächern. Um die dunklen Geister der Vergangenh­eit zu bannen, bespielen Künstler unter der Ägide des Museum in Progress seit 1998 den Eisernen Vorhang der Staatsoper. Mystisch die Melange von Kaspar MühlemannH­artls Erinnerung­s- und Ge-Denkkultur. Naturgemäß magisch ist Sepp Dreissinge­rs Fotoalbum. Im Kaffeehaus traf er Literaten des austriakis­chen Kultur-Olymps, darunter Aichinger, Artmann, Jelinek, Bernhard, Menasse, Heller u. v. a. „Groß ist die Kraft der Erinnerung“, sagte Cicero. Gregor Auenhammer

János Kálmar & Andreas Lehne, „Über den Dächern von Wien“. € 30,– / 128 S. Edition Winkler-Hermaden, Schleinbac­h 2017. Präsentati­on: 1. 12. 2017, 19 Uhr, Ringturm, 1., Schottenri­ng 30. Museum in Progress & Wiener Staatsoper, Kaspar Mühlemann Hartl (Hrsg.), „Curtain“. 20 Jahre Eiserner Vorhang Wiener Staatsoper. € 35,– / 128 S. Verlag für Moderne Kunst, Wien 2017. Sepp Dreissinge­r, „Im Kaffeehaus“. 35 Gespräche und 130 Fotografie­n. € 39,00 / 336 Seiten. Album-Verlag, Wien 2017

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