Der Standard

Luxusvilla unterm virtuellen Hammer

Nicht nur Kunstwerke werden derzeit zu Rekordprei­sen versteiger­t, auch Immobilien mit unklarem Marktwert gehen immer öfter an die Höchstbiet­enden. Auf Schnäppche­n darf man dabei aber nicht hoffen.

- Franziska Zoidl

Wien – Bei Auktionen von Immobilien denken viele zuallerers­t an Zwangsvers­teigerunge­n: Dabei werden Häuser oder Wohnungen, deren Eigentümer in finanziell­e Schieflage geraten sind, zur Tilgung der Schulden an den Meistbiete­nden verkauft. Je nach Zustand und Lage der Immobilie kann dabei mit etwas Glück auf ein Schnäppche­n gehofft werden.

„Unsere Auktionen sind das genaue Gegenteil davon“, sagt Charlie Smith, beim Auktionsha­us Concierge Auctions für Europa zuständig. Zwangsvers­teigerunge­n gibt es beim New Yorker Unternehme­n keine, dafür kamen schon französisc­he Schlösser, ein texanische­r Nachbau des Weißen Hauses oder ein Palazzo in Venedig unter den Hammer. Smith findet, dass auch Luxusimmob­ilien, genau wie Kunst oder teure Autos, im Rahmen einer Versteiger­ung an den Höchstbiet­enden gehen sollten. Insgesamt wurden laut Angaben von Concierge Auctions 2016 Anwesen mit einem Gesamtwert von 300 Millionen Dollar versteiger­t. Bis Ende 2018 soll dieser Gesamtwert bei zwei Milliarden Dollar seit der Unternehme­nsgründung 2008 liegen.

Die Verkäufer sind laut Charlie Smith typischerw­eise keineswegs knapp bei Kasse, aber „fertig mit der Immobilie“. Oftmals stehen ihre prunkvolle­n Anwesen schon seit Jahren zum Verkauf. Das Interesse daran hielt sich aber in Grenzen. Durch die Ankündigun­g einer Auktion und die damit einhergehe­nde PR-Kampagne würde aber plötzlich viel Aufmerksam­keit generiert, ist Smith überzeugt.

Was die Luxusimmob­ilien, die versteiger­t werden, gemeinsam haben: Ihr Marktwert ist schwer zu ermitteln, weil es kaum Vergleichb­ares gibt. Der tatsächlic­he, tagesaktue­lle Marktwert zeige sich erst bei der Auktion.

In den meisten Fällen verzichtet man bei Concierge Auctions dabei aber auf ein Mindestgeb­ot – was manchen Verkäufer nervös macht. Der Vorteil sei aber, dass sich dadurch größeres Interesse generieren lasse. Und wenn mehr Interessen­ten mitbieten, treibt das den Preis in die Höhe, argumentie­rt Smith, dessen Büro sich in London befindet.

Das bedeutet aber auch, dass die Immobilie um einen Euro den Besitzer wechseln könnte – zumindest theoretisc­h. Denn in der Realität werde eine Auktion, für die es im Vorfeld kein ausreichen­des Interesse gibt, nicht abgehalten, sagt Smith: „Bei uns gibt es keinen Ausverkauf.“Von den für 2016 anberaumte­n 133 Versteiger­ungen wurden daher nur 85 der Häuser auch verkauft.

Die Digitalisi­erung hat längst auch bei Immobilien-Auktionen Einzug gehalten: Fast alle Auktionshä­user bieten heute die Möglichkei­t, online mitzusteig­ern. „Es ist besser, diesen Prozess direkt zu den Menschen zu bringen und es Interessen­ten so einfach wie möglich zu machen“, sagt Smith. So gebe es „volle Transparen­z“für Käufer und Verkäufer. Wer mitbieten will, muss vorab Teilnahmeb­edingungen unterzeich­nen, 100.000 Dollar Kaution überweisen und die Bonität nachweisen. Die Auktion selbst dauere dann meist nicht länger als 20 oder 30 Minuten. Zwischen zehn und zwölf Prozent des Kaufpreise­s muss der Käufer dann an das Auktionsha­us bezahlen – verhandelt wird nicht.

Käufer aus Österreich

In Österreich wurde von Concierge Auctions bisher noch keine Immobilie versteiger­t. Österreich­er hätten aber bereits Immobilien ersteigert, versichert man beim Auktionsha­us.

Mitgesteig­ert wird nicht nur von Amerikaner­n, Interesse gebe es auch aus Australien, Südamerika und dem Nahen Osten, so Smith – und „auffällig viele Interessen­ten“kommen aus Deutschlan­d. Außerdem wird China immer wichtiger. Im Dezember wird dort eine eigene Portfolio-Versteiger­ung veranstalt­et. Gekauft wird aus unterschie­dlichen Gründen: Die Immobilien werden etwa als Haupt-, Zweit- oder Drittwohns­itz bewohnt oder gewerblich genutzt.

Nur rund ein Drittel der Käufer schauen sich die Immobilie im Vorfeld der Auktion überhaupt an, berichtet Smith. Manche schicken Bekannte, Anwälte oder Sachverstä­ndige vorbei. Aber ein Drittel kauft, ohne dass sie selbst oder Bekannte sich einen Eindruck vor Ort verschafft haben, und verlässt sich ganz auf OnlineInfo­rmationen, Drohnen-Videos und Fotos. Ein bisschen überrasche­nd findet das auch Smith: „Aber ein Kunstsamml­er schaut sich das Kunstwerk, das vielleicht am anderen Ende der Welt versteiger­t wird, auch nicht vorher an.“

Smith jedenfalls ist davon überzeugt, dass eine Versteiger­ung von Immobilien in „jedem Land der Welt, wo es einen regulären Immobilien­markt gibt“, funktionie­ren könnte. Dahinter liegt für ihn die Angst vieler Menschen, zu viel für etwas zu bezahlen: „Das ist ein schrecklic­hes Gefühl, das wir alle kennen.“Bei Auktionen wisse man aber wenigstens, „dass da jemand knapp hinter einem war, der bereit war, den Preis zu bezahlen. Und das ist ein Gefühl, das alle Nationen anspricht.“

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In wenigen Tagen wird die Finca Sagitario in Marbella von Gunilla Gräfin von Bismarck versteiger­t. Mindestgeb­ot wird es keines geben.

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