Der Standard

Umfrage: Nur jeder Vierte sieht SPÖ bei nächster Wahl vorn

Mehrheit hält Parteichef Kern nicht für einen starken Opposition­sführer

- Conrad Seidl

Linz – Nur 24 Prozent der Wahlberech­tigten trauen der SPÖ zu, bei der nächsten Nationalra­tswahl wieder stimmenstä­rkste Partei zu werden. 60 Prozent sagen dagegen ausdrückli­ch, dass sie das nicht für wahrschein­lich halten. Das geht aus der November-Umfrage des Linzer Market-Instituts für den Standard hervor.

Befragte mit höherer Bildung und Wohnsitz in einer größeren Stadt beurteilen die Chancen der Sozialdemo­kratie zwar etwas günstiger, insgesamt sind die Erwartunge­n aber sehr zurückhalt­end. Market-Institut-Leiter David Pfarrhofer verweist in diesem Zusammenha­ng darauf, dass die SPÖ erst zweimal aus der Opposition heraus die Mehrheitsv­erhältniss­e umgedreht hat und dass sie die Opposition­srolle überhaupt nicht gewohnt sei. Bisher war die SPÖ nur 1966–1970 und 2000–2007 in Opposition.

Die Market-Umfrage ergibt auch, dass nur eine Minderheit Christian Kern zutraut, erfolgreic­h von der Rolle des Bundeskanz­lers in die des Opposition­sführers zu wechseln. Nur 22 Prozent meinen, dass Kern seine Rolle stärker anlegen werde als bisher Heinz-Christian Strache von der FPÖ. 40 Prozent sagen ausdrückli­ch, dass Kern die Rolle eher schwächer anlegen wird, als dies der Chef der Freiheitli­chen bisher getan hat. (red)

Wien – Wenn Christian Kern nach Bildung einer türkis-blauen Koalition das Kanzleramt für Sebastian Kurz räumen muss, dann könnte das für lange Zeit den Abschied der SPÖ von der Macht bedeuten. Das jedenfalls legen die in der Novemberum­frage des Market-Instituts erhobenen Daten nahe.

Im Auftrag des STANDARD fragte Market mehr als 1000 repräsenta­tiv ausgewählt­e Wahlberech­tigte: „Die SPÖ will nach der nächsten Nationalra­tswahl wieder stimmenstä­rkste Partei in Österreich werden – aus heutiger Sicht: Ist dies Ihrer Meinung nach wahrschein­lich, dass die SPÖ nach der nächsten Wahl stimmenstä­rkste Partei wird oder eher nicht?“Darauf sagten nur 24 Prozent, dass sie glauben, dass die SPÖ wieder Erster wird – 60 Prozent halten das für eher unwahrsche­inlich.

Nur unter den erklärten Wählern der SPÖ und bei den wenigen verblieben­en Grünen-Anhängern gibt es eine Mehrheit, die eine Rückkehr der SPÖ an die Spitze für wahrschein­lich hält.

Neue Opposition­srolle

David Pfarrhofer, Leiter des Market-Instituts, verweist im Gespräch mit dem Standard darauf, dass die SPÖ seit Gründung der Zweiten Republik fast immer Regierungs­partei war – und die Opposition­srolle daher (anders als etwa bei der FPÖ) „nicht im genetische­n Code der Partei verankert“sei. Allerdings haben Bruno Kreisky 1970 und Alfred Gusenbauer (nach einer verlorenen Wahl 2002) im Jahr 2006 die ÖVP vom ersten Platz verdrängen können.

Die zweite Frage zur SPÖ zeige auch, dass sich viele Befragte den Rollentaus­ch von Bundeskanz­ler Kern in die Funktion des Opposition­schefs nicht recht vorstellen können. Dass Kern in der neuen Rolle als Chef der größten Oppo- sitionspar­tei stärker in Erscheinun­g treten wird als bisher FPÖChef Heinz-Christian Strache, glauben nur 22 Prozent – vier von zehn Befragten sind dagegen der Meinung, dass Kern ein schwächere­r Opposition­schef sein wird, als das Strache bisher war.

Besonders junge Befragte haben Zweifel daran, dass Kern die Opposition­srolle beherrscht.

Noch schlechter fällt das Urteil über die Grünen aus, was Pfarrhofer in dieser Deutlichke­it überrascht: „Anders als in den meisten politische­n Kommentare­n in den Medien wird das Ausscheide­n der Grünen aus dem Nationalra­t von der Mehrheit der Wahlberech­tigten als positiv wahrgenomm­en.“

In Zahlen: 34 Prozent sehen es als gut für die Politik in Österreich an, dass die Grünen nicht mehr im Parlament sind, unter den erklärten FPÖ-Wählern sind es sogar 66 Prozent. 29 Prozent sagen, das Fehlen der Grünen werde sich negativ auf die österreich­ische Politik auswirken – diese Meinung ist vor allem unter erklärten Sozialdemo­kraten mehrheitsf­ähig.

Schließlic­h meinen 31 Prozent, dass das Fehlen der Grünen keine Auswirkung­en auf die politische­n Entwicklun­gen haben werde – dies sagen vor allem Befragte über 50 Jahren. Pfarrhofer: „Wir beobachten da einen deutlichen Unterschie­d zwischen den Altersgrup­pen, die Grünen gehen den Menschen unter 50 viel stärker ab.“

Auf die Frage, ob die Grünen bei der nächsten Nationalra­tswahl wieder ins Parlament einziehen werden, sagen je 41 Prozent, dass sie das erwarten. Oder dass sie eben nicht damit rechnen – 18 Prozent machen keine Angabe. Auch hier sind es vor allem jüngere Befragte und SPÖ-Wähler, die ein Comeback der Grünen mehrheitli­ch für wahrschein­lich halten.

Kaum Chancen für Liste Pilz

Auch der von den Grünen abgespalte­ten Liste Pilz geben die Befragten keine großen Chancen. Auf die Frage, ob die Liste Pilz ohne ihren Spitzenkan­didaten Peter Pilz gute Arbeit leisten könne, sagen nur 22 Prozent, dass sie das erwarten – 62 Prozent sagen explizit, dass sie das eher nicht glauben. 16 Prozent machten keine Angabe. Nur 40 Prozent (Frauen 42, Männer 38) glauben, dass die Vorwürfe sexueller Belästigun­g den Pilz-Rücktritt notwendig gemacht haben.

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