Teure ÖBB
Der massive Bahnausbau sorgt im Verkehrskapitel für eine steigende Ausgabendynamik und sinkenden Spielraum
Die Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ widmen sich bald im Verkehrskapitel der ÖBB. Der Einsparungsspielraum ist gering.
Wien – Auf der Suche nach Spielräumen für versprochene Entlastungen werden die Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ demnächst das Verkehrskapitel durchleuchten. Fündig werden sie dort nicht werden. Denn die Bahn vermindert den Spielraum in dem laut jüngster EU-Vorschau ohnehin klammen Haushalt.
Das liegt in erster Linie am politisch erwünschten, großspurigen Investitionsprogramm, das Milliardenausgaben für die kommenden Jahrzehnte garantiert. Aber auch die Absatzbereiche, also ÖBB-Personenverkehr und Rail Cargo Austria (RCA), bekommen Zuwendungen, wobei letzterer stagniert. Nicht so im ÖBB-Personenverkehr, er hängt am Tropf von Bund, Ländern und Gemeinden, die bei der Staatsbahn Nah- und Zug- und Busverbindungen (beim ÖBBPostbus) bestellen, zu neuen Triebzügen zuzahlen und so für einen Großteil des Umsatzes sorgen.
Daneben sind die Aufwendungen für Alteisenbahnerpensionen regelmäßig Stoff für ausgereiften politischen Zwist. Sie steigen mit der Zahl der Pensionisten und schlagen beim Bund im Saldo pro Jahr mit rund 1,7 Milliarden Euro zu Buche (weil der Dienstgeberbeitrag gemäß ASVG für aktiv Beschäftigte gegengerechnet wird; siehe Grafik). Die ÖBB fungiert dabei quasi als Verrechnungs- und Zahlstelle, wie der Budgetdienst des Nationalrats recherchiert hat.
Weniger klar sind die Verhältnisse bei der Finanzierung des Öffi-Verkehrsangebots. Neben einem Grundangebot an Zügen im Volumen von zuletzt 702 Millionen Euro, das vom Verkehrsministerium unter dem Titel „Gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL)“bei der ÖBB beauftragt wird, zahlen auch Bundesländer und Gemeinden für Verkehrsdienste. Ihr Volumen hat sich von Jahr zu Jahr ebenfalls erhöht – von 247 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 340 Millionen im Jahr 2016. Ob und wie viel davon aus dem Familienlastenausgleichsfonds (Flaf) für Schüler- und Lehrlingsfreifahrten kommt, die Antwort darauf gleicht hingegen einer Blackbox. Sie beliefen sich 2010 auf rund 178 Mio. Euro (davon 166 für Schülerfahrten) und werden über die Verkehrsverbünde verrechnet, kommen also mittelbar der ÖBB zugute. Aktuell schätzt das Finanzministerium diese Transferzahlungen auf 214 Mio. Euro, heißt es in Beantwortung einer Anfrage von FPÖ-Budgetsprecher Roman Haider.
Ziemlich genau weiß man hingegen, wie sehr die Zahlungen in den nächsten Jahren steigen werden, die die ÖBB für den Bahnausbau mit seinen Kernstücken Semmering-, Koralm- und Brennerbasistunnel braucht: Die Annuitätenzuschüsse (braucht die Bahn, um Kredite und Anleihen bedienen zu können) steigen pro Jahr im Schnitt um 9,2 Prozent von heuer 786 Millionen Euro auf 1,22 Milliarden Euro im Jahr 2022. Tendenz steigend, denn bis 2022 investiert die ÖBB rund 15 Milliarden. Entlastung ist also nicht in Sicht. Der Schuldenstand des ÖBB-Konzerns schnellte von 2012 bis 2016 von 18 auf 20,9 Milliarden Euro in die Höhe.
Noch nicht berücksichtigt ist bei all diesen Zahlen die Finanzierung des laufenden Bahnbetriebs. Damit überhaupt Züge fahren, braucht die ÖBB heuer 1,378 Milliarden Euro – deutlich mehr als vor zehn Jahren, wo dafür nur 1,006 Milliarden flossen.