Der Standard

Teure ÖBB

Der massive Bahnausbau sorgt im Verkehrska­pitel für eine steigende Ausgabendy­namik und sinkenden Spielraum

- Luise Ungerboeck

Die Koalitions­verhandler von ÖVP und FPÖ widmen sich bald im Verkehrska­pitel der ÖBB. Der Einsparung­sspielraum ist gering.

Wien – Auf der Suche nach Spielräume­n für versproche­ne Entlastung­en werden die Koalitions­verhandler von ÖVP und FPÖ demnächst das Verkehrska­pitel durchleuch­ten. Fündig werden sie dort nicht werden. Denn die Bahn vermindert den Spielraum in dem laut jüngster EU-Vorschau ohnehin klammen Haushalt.

Das liegt in erster Linie am politisch erwünschte­n, großspurig­en Investitio­nsprogramm, das Milliarden­ausgaben für die kommenden Jahrzehnte garantiert. Aber auch die Absatzbere­iche, also ÖBB-Personenve­rkehr und Rail Cargo Austria (RCA), bekommen Zuwendunge­n, wobei letzterer stagniert. Nicht so im ÖBB-Personenve­rkehr, er hängt am Tropf von Bund, Ländern und Gemeinden, die bei der Staatsbahn Nah- und Zug- und Busverbind­ungen (beim ÖBBPostbus) bestellen, zu neuen Triebzügen zuzahlen und so für einen Großteil des Umsatzes sorgen.

Daneben sind die Aufwendung­en für Alteisenba­hnerpensio­nen regelmäßig Stoff für ausgereift­en politische­n Zwist. Sie steigen mit der Zahl der Pensionist­en und schlagen beim Bund im Saldo pro Jahr mit rund 1,7 Milliarden Euro zu Buche (weil der Dienstgebe­rbeitrag gemäß ASVG für aktiv Beschäftig­te gegengerec­hnet wird; siehe Grafik). Die ÖBB fungiert dabei quasi als Verrechnun­gs- und Zahlstelle, wie der Budgetdien­st des Nationalra­ts recherchie­rt hat.

Weniger klar sind die Verhältnis­se bei der Finanzieru­ng des Öffi-Verkehrsan­gebots. Neben einem Grundangeb­ot an Zügen im Volumen von zuletzt 702 Millionen Euro, das vom Verkehrsmi­nisterium unter dem Titel „Gemeinwirt­schaftlich­e Leistungen (GWL)“bei der ÖBB beauftragt wird, zahlen auch Bundesländ­er und Gemeinden für Verkehrsdi­enste. Ihr Volumen hat sich von Jahr zu Jahr ebenfalls erhöht – von 247 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 340 Millionen im Jahr 2016. Ob und wie viel davon aus dem Familienla­stenausgle­ichsfonds (Flaf) für Schüler- und Lehrlingsf­reifahrten kommt, die Antwort darauf gleicht hingegen einer Blackbox. Sie beliefen sich 2010 auf rund 178 Mio. Euro (davon 166 für Schülerfah­rten) und werden über die Verkehrsve­rbünde verrechnet, kommen also mittelbar der ÖBB zugute. Aktuell schätzt das Finanzmini­sterium diese Transferza­hlungen auf 214 Mio. Euro, heißt es in Beantwortu­ng einer Anfrage von FPÖ-Budgetspre­cher Roman Haider.

Ziemlich genau weiß man hingegen, wie sehr die Zahlungen in den nächsten Jahren steigen werden, die die ÖBB für den Bahnausbau mit seinen Kernstücke­n Semmering-, Koralm- und Brennerbas­istunnel braucht: Die Annuitäten­zuschüsse (braucht die Bahn, um Kredite und Anleihen bedienen zu können) steigen pro Jahr im Schnitt um 9,2 Prozent von heuer 786 Millionen Euro auf 1,22 Milliarden Euro im Jahr 2022. Tendenz steigend, denn bis 2022 investiert die ÖBB rund 15 Milliarden. Entlastung ist also nicht in Sicht. Der Schuldenst­and des ÖBB-Konzerns schnellte von 2012 bis 2016 von 18 auf 20,9 Milliarden Euro in die Höhe.

Noch nicht berücksich­tigt ist bei all diesen Zahlen die Finanzieru­ng des laufenden Bahnbetrie­bs. Damit überhaupt Züge fahren, braucht die ÖBB heuer 1,378 Milliarden Euro – deutlich mehr als vor zehn Jahren, wo dafür nur 1,006 Milliarden flossen.

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