Der Standard

Kind sein. 2017.

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Ein elfjährige­s Kind begeht aus Verzweiflu­ng Suizid. Aber kein Aufschrei geht durch das Land. Mehr ein Raunen. Das Kind, das Österreich nicht überlebt hat, war eben das falsche Kind. Kein wichtiges. Kein richtiges. Es war ein ungewollte­s, gerade noch geduldetes, es war, kurz gesagt, ein unpassende­s Kind gewesen.

Wenn es nicht aus einem fernen Land hierhergek­ommen wäre, wenn seine Eltern noch am Leben wären, wenn der mit seiner und der Erziehung der fünf anderen Geschwiste­r heillos überforder­te älteste Bruder nicht so überforder­t gewesen wäre – ja dann wär eventuell auch nichts passiert!

Dass die Betreuende­n der Familie seit langer Zeit Alarm schlugen, wie Christoph Riedl vom Flüchtling­sdienst der Dia- konie festhält, dass der ehemalige Flüchtling­skoordinat­or Christian Konrad ganz konkret die zuständige Bezirkshau­ptmannscha­ft um die Übernahme der Obsorge ersucht hatte – mag sein. War aber egal.

Wo kämen wir denn hin, wenn da ein jeder einfach Obsorge fordern könnte! Eben. Da hat man nichts machen können. Gar nichts. Man hätte nichts machen können, außer Mitgefühl zu zeigen. Oder Menschlich­keit zu leben. Bei drohender Gefährdung eingreifen. Ein Kind in Not als Kind in Not wahrnehmen und nicht als lästigen Menschen zweiter Klasse, der Mehrkosten und Mehrarbeit verursacht.

Man hat sich aber auch abputzen können. Abputzen ist billiger und macht weniger Arbeit.

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