Der Standard

Peking nährt Serbiens Hoffnungen

Bisher gab es lediglich Kredite, aber keine Investitio­nen

- Andrej Ivanji aus Belgrad

Nur wer viel Zeit hat, fährt in Serbien mit der Eisenbahn, die Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit beträgt etwa 40 Kilometer pro Stunde. Für die 350 Kilometer von Belgrad nach Budapest braucht man rund acht Stunden. Das soll sich nun ändern. Im Rahmen der Neuen Seidenstra­ße, des chinesisch­en „Jahrhunder­tprojekts“One Road, One Belt, will China gemeinsam mit Serbien und Ungarn bis 2023 eine Schnellfah­rstrecke bauen und die Reisezeit um fünf Stunden verkürzen. Auf dem Bahnhof im Belgrader Vorort Zemun sollen die Arbeiten am 28. November beginnen, erklärte der serbische Staatssekr­etär im Bauministe­rium, Imre Kern. Für die erste Bauphase nahm Serbien von der chinesisch­en Exim-Bank einen Kredit über 297,6 Millionen Dollar (250 Mrd. Euro) auf.

Und das soll erst der Beginn sein. Die Regierung in Belgrad verkündete vor kurzem, man habe mit Peking Verträge über chinesisch­e Investitio­nen, vorwiegend in die Infrastruk­tur, im Wert von 3,2 Milliarden Dollar (2,7 Mrd. Euro) unterzeich­net. Serbische Wirtschaft­sexperten behaupten, dass es sich nicht um Investitio­nen, sondern um relativ günstige Kredite handelte, im hoch verschulde­ten Land vermeiden regierende Politiker möglichst den Begriff Kredit. Die einzige chinesisch­e Direktinve­stition bisher war, als die Hesteel Group das Eisenwerk in Smederevo kaufte, aus dem sich zuvor US-Steel zurückgezo­gen hatte. Auf diese Weise konnte der Bankrott vermieden und tausende Arbeitsplä­tze gerettet werden. Die Chinesen wurden in Serbien als Retter aus der Not und Erlöser gefeiert.

Die Regierung in Belgrad hebt gern die „besonders freundscha­ftlichen“Beziehunge­n zwischen Serbien und China hervor. Serbien importiert­e 2016 aus China Waren im Wert von 1,6 Milliarden Dollar und exportiert­e nur für 160 Millionen.

In der Zukunft erhofft man sich jedoch weit mehr von China. Nach siebzehn Jahren wurde ab September wieder ein Direktflug zwischen Belgrad und Peking eingeführt, dieses Jahr wurde auch die Visapflich­t aufgehoben, und die Exim-Bank eröffnete eine Vertretung in Serbien.

Ein Zweig der Neuen Seidenstra­ße verläuft über den Indischen Ozean, das Horn von Afrika, den Suezkanal, über den Hafen von Thessaloni­ki, Belgrad und Budapest in Richtung Westen.

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