„Vorstadtweiber“auf dem Weg ins „Babylon Berlin“
Die Münchner Beta Film, einer der wichtigsten Programmhändler der Welt, will die Mehrheit an der Wiener MR Film übernehmen. Gemeinsam produzierten sie etwa Robert Dornhelms „Maria Theresia“. Ein Deal mit Blick auf Amazon und Netflix.
München/Wien – Mit Nina Proll als Anna Fucking Molnar ist die MR Film gerade in den Kinos, ab Jänner läuft die dritte Staffel der Erfolgsserie Vorstadtweiber im ORF, Schnell ermittelt bei MR und mit dem 16 Millionen schweren Zweiteiler Maximilian hat die MR eines der teuersten ORF-Fiction-Projekte geliefert. Nun interessiert sich Jan Mojtos Münchner Beta Film, einer der wichtigsten Programmproduzenten und -händler der Welt, für die Wiener Branchengröße MR – über gemeinsame Produktionen wie Sacher, Maximilian und Maria Theresia hinaus. Die Beta Film produzierte etwa gerade mit der ARD und Sky Babylon Berlin. Und sie hat gute Kontakte zu den neuen großen Playern der Branche, Netflix, Amazon und Co. Die sind ein wesentlicher Grund des Deals.
Vorige Woche ließen die beiden Produzenten die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde wissen: Die Beta Film will eine knappe Mehrheit an der MR Film übernehmen, konkret: 50,8 Prozent.
„Millionenshow“und Karlich
Bisher gehört die MR zu 15 Prozent Gründer Kurt J. Mrkwicka, er wurde im Sommer 80. Je 21,25 Prozent halten die Geschäftsführer Kurt Georg Mrkwicka, Oliver Auspitz und Andreas Kamm sowie Tim Matthias Mrkwicka. Alle bleiben an Bord, sagt Kurt Mrkwicka auf STANDARD- Anfrage
Zuletzt schnellte der Umsatz der MR-Film Kurt Mrkwicka Gesellschaft mbH nach oben: 13,6 Millionen Euro nahm sie 2015 ein, 2016 31,5 Millionen. Das Ergebnis vor Steuern legte etwas moderater von 3,2 auf vier Millionen zu. Die Gruppe beschäftigte 2015 nach eigenen Angaben 331 Mitarbeiter.
Der MR Film gehört der große Produktions- und Produktionspersonalverleih Teamwork sowie die Produktionsgesellschaft Talk TV. Laut Firmenbuch produzieren dort 79 Mitarbeiter für den ORF die Millionenshow und die Barbara Karlich Show, zudem Miniversum und Natur im Garten.
Käufer Jan Mojto ist in der Filmund Fernsehwelt die Antithese zu einem Miniversum: Der 1948 in der Slowakei geborene österreichische Staatsbürger hat – mit einem ungenannten Großinvestor – 2003 die Beta Film und andere Firmen aus dem Imperium des pleitegegangenen deutschen Großmedienmultis Leo Kirch übernommen. Mojto war bis dahin einer der Manager der Kirch-Gruppe – der 1979 zeitgleich wie Mrkwicka dort begonnen hat.
Klassik-Partner ORF
Das neue deutsche Fernsehen trage seinen Namen, betitelte Die Welt im Frühjahr ein Porträt des Beta-Film-Chefs. Filmproduzent Oliver Berben nannte ihn den „Grandseigneur des deutschen Films“. Seine Empfänge bei Programmmessen in Cannes zeigen diese Größe sehr anschaulich. Der gleiche Himmel (ZDF) kommt aus seinem Haus, Babylon Berlin, auch die Jugendserie Club der roten Bänder. Über Adolf Hitlers Aufstieg plant er eine Serie, RTL als Partner sprang da ab.
Mojto organisiert gern große, europäische Produktionen wie die Verfilmung von Krieg und Frieden oder den Vierteiler Napoleon oder Robert Dornhelms Zweiteiler Maria Theresia, der im ORF-Weihnachtsprogramm läuft. Unter den unzähligen Produzenten und Partnern der Großproduktion finden sich Mojtos Beta ebenso wie Mrkwickas MR.
Mit dem ORF verbinden Mojto nicht allein TV-Großproduktionen: Seit 2016 betreibt Mojtos Klassikrechteriese Unitel mit dem ORF das Streamingportal Fidelio – eine Art Netflix für Freunde von Oper und Konzert. (fid) pderStandard. at/Etat