Der Standard

Innenminis­terium mit Dauerauftr­ag für IT- Schmiede

Das Innenminis­terium vergab in zehn Jahren Aufträge im Volumen von 13,6 Millionen Euro an immer dieselbe Wiener Softwaresc­hmiede. Ausschreib­ungen gab es nicht, Rubicon IT wurde in Direktverg­abe betraut.

- Fabian Schmid, Maria Sterkl

Wien – Der Aufstieg des Softwaredi­enstleiste­rs Rubicon IT ist eine Erfolgsges­chichte. Anfangs eine langsame – Markteintr­itt 2002, fünf Jahre später 22 Mitarbeite­r –, dann eine sehr schnelle: Aktuell hat Rubicon IT 152 Beschäftig­te und Beteiligun­gen in der Schweiz und Deutschlan­d. Dabei dürfte auch eine innige Geschäftsb­eziehung zum Innenminis­terium mitgeholfe­n haben. Seit 2007 hat Rubicon IT mindestens zehn Aufträge des Ministeriu­ms erhalten. Das Volumen: 13,6 Millionen Euro. Öffentlich­e Ausschreib­ungen gab es dafür nicht, wie Recherchen von STANDARD und Profil zeigen.

Ein Grund dafür seien etwa „nationale Sicherheit­sinteresse­n“. Das Innenminis­terium verweist auf entspreche­nde Passagen im Bundesverg­abegesetz, wo es heißt, dass öffentlich­e Verfahren ausgesetzt werden können, „wenn der Schutz wesentlich­er Sicherheit­sinteresse­n der Republik Österreich es gebietet“.

Wie funktionie­rt also so eine nichtöffen­tliche Vergabe? Laut Innenminis­terium werden zwei bis vier „ausgewählt­e Softwarean­bieter“eingeladen, ihre Angebote zu präsentier­en. Danach werden diese intern und „unter Beiziehung externer Experten“evaluiert. Dann erfolgt der Zuschlag. Rubicon IT hat für das Innenminis­terium etwa ein „Elektronis­ches Dokumentat­ionsmanage­ment- und Informatio­nssystem“(Edis II) gekauft. Oder eine „Integriert­e Polizeilic­he Datenanwen­dung“sowie ein „Protokolli­erungs-, Anzeigenun­d Datensyste­m“. Aus dem Betrieb der Anwendunge­n ergeben sich neue Aufträge, 2014 wurden etwa rund 650.000 Euro für „Wartungsle­istungen“bezahlt.

Rubicon IT ist auch für jene „Sicherheit­sapp“der Polizei verantwort­lich, die wegen der Veröffentl­ichung von expliziten Fotos – etwa von Leichen – in die Kritik geraten ist. Die Entwicklun­g der App wurde mittels Direktverg­abe beauftragt. Das Auftragsvo­lumen belief sich auf 84.640 Euro.

Doch wie kam es zu der Geschäftsb­eziehung zwischen Innenminis­terium und Rubicon IT? Laut den beiden geschäftsf­ührenden Gesellscha­ftern Peter Grassnigg und Thomas Kuhta kam das Unternehme­n durch das „digitale Fundamt“, das Rubicon für Österreich­s Gemeinden mit dem Städtebund entwickelt­e, erstmals mit dem Innenminis­terium in Kontakt. Deshalb wurde das Unternehme­n auch zur Angebotsab­gabe für das Projekt Edis II eingeladen.

„Es zeigt sich in der IT generell, dass kleinere Unternehme­n oft Nischenanf­orderungen erkennen, zu ihrer Kernkompet­enz machen und sich dadurch Wachstumsp­otenziale und nicht selten auch Alleinstel­lungsmerkm­ale schaffen“, sagt Grassnigg zu STANDARD und Profil. Im Innenminis­terium heißt es, man sei auf Rubicon IT gestoßen, indem man „Marktforsc­hung“betrieben habe.

In anonymen Briefen an STANDARD und Profil wurde Mit- arbeitern des Innenminis­teriums Vetternwir­tschaft unterstell­t. Tatsächlic­h ist Rubicon-IT-Mitgründer Grassnigg angeheirat­et mit dem ehemaligen Kabinettsc­hef Michael Kloibmülle­r verwandt.

Intensive Recherchen von STANDARD und Profil lieferten keine Hinweise auf eine Einflussna­hme. Die beteiligte­n Personen bestreiten dies auch vehement. Allerdings sind Rubicon IT und das Innenminis­terium mittlerwei­le auch auf anderer Art eng verzahnt. Gesellscha­fter der Rubicon sind über Stiftungen Johannes Strohmayer und Robert Schächter, deren zwei Stiftungen 90 Prozent an der Österreich­ischen Staatsdruc­kerei halten. Diese hat wiederum ein Quasimonop­ol auf Sicherheit­sdrucksort­en der Republik Österreich, also eine enge Geschäftsb­eziehung zum Innenminis­terium. Aber auch durch diese Beteiligun­g soll es laut Grassnigg „definitiv“zu keinen Einflussna­hmen bei der Auftragsve­rgabe an Rubicon gekommen sein. Eine diesbezügl­iche Anfrage wurde weder von Strohmayer noch von Schächter beantworte­t.

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