Innenministerium mit Dauerauftrag für IT- Schmiede
Das Innenministerium vergab in zehn Jahren Aufträge im Volumen von 13,6 Millionen Euro an immer dieselbe Wiener Softwareschmiede. Ausschreibungen gab es nicht, Rubicon IT wurde in Direktvergabe betraut.
Wien – Der Aufstieg des Softwaredienstleisters Rubicon IT ist eine Erfolgsgeschichte. Anfangs eine langsame – Markteintritt 2002, fünf Jahre später 22 Mitarbeiter –, dann eine sehr schnelle: Aktuell hat Rubicon IT 152 Beschäftigte und Beteiligungen in der Schweiz und Deutschland. Dabei dürfte auch eine innige Geschäftsbeziehung zum Innenministerium mitgeholfen haben. Seit 2007 hat Rubicon IT mindestens zehn Aufträge des Ministeriums erhalten. Das Volumen: 13,6 Millionen Euro. Öffentliche Ausschreibungen gab es dafür nicht, wie Recherchen von STANDARD und Profil zeigen.
Ein Grund dafür seien etwa „nationale Sicherheitsinteressen“. Das Innenministerium verweist auf entsprechende Passagen im Bundesvergabegesetz, wo es heißt, dass öffentliche Verfahren ausgesetzt werden können, „wenn der Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen der Republik Österreich es gebietet“.
Wie funktioniert also so eine nichtöffentliche Vergabe? Laut Innenministerium werden zwei bis vier „ausgewählte Softwareanbieter“eingeladen, ihre Angebote zu präsentieren. Danach werden diese intern und „unter Beiziehung externer Experten“evaluiert. Dann erfolgt der Zuschlag. Rubicon IT hat für das Innenministerium etwa ein „Elektronisches Dokumentationsmanagement- und Informationssystem“(Edis II) gekauft. Oder eine „Integrierte Polizeiliche Datenanwendung“sowie ein „Protokollierungs-, Anzeigenund Datensystem“. Aus dem Betrieb der Anwendungen ergeben sich neue Aufträge, 2014 wurden etwa rund 650.000 Euro für „Wartungsleistungen“bezahlt.
Rubicon IT ist auch für jene „Sicherheitsapp“der Polizei verantwortlich, die wegen der Veröffentlichung von expliziten Fotos – etwa von Leichen – in die Kritik geraten ist. Die Entwicklung der App wurde mittels Direktvergabe beauftragt. Das Auftragsvolumen belief sich auf 84.640 Euro.
Doch wie kam es zu der Geschäftsbeziehung zwischen Innenministerium und Rubicon IT? Laut den beiden geschäftsführenden Gesellschaftern Peter Grassnigg und Thomas Kuhta kam das Unternehmen durch das „digitale Fundamt“, das Rubicon für Österreichs Gemeinden mit dem Städtebund entwickelte, erstmals mit dem Innenministerium in Kontakt. Deshalb wurde das Unternehmen auch zur Angebotsabgabe für das Projekt Edis II eingeladen.
„Es zeigt sich in der IT generell, dass kleinere Unternehmen oft Nischenanforderungen erkennen, zu ihrer Kernkompetenz machen und sich dadurch Wachstumspotenziale und nicht selten auch Alleinstellungsmerkmale schaffen“, sagt Grassnigg zu STANDARD und Profil. Im Innenministerium heißt es, man sei auf Rubicon IT gestoßen, indem man „Marktforschung“betrieben habe.
In anonymen Briefen an STANDARD und Profil wurde Mit- arbeitern des Innenministeriums Vetternwirtschaft unterstellt. Tatsächlich ist Rubicon-IT-Mitgründer Grassnigg angeheiratet mit dem ehemaligen Kabinettschef Michael Kloibmüller verwandt.
Intensive Recherchen von STANDARD und Profil lieferten keine Hinweise auf eine Einflussnahme. Die beteiligten Personen bestreiten dies auch vehement. Allerdings sind Rubicon IT und das Innenministerium mittlerweile auch auf anderer Art eng verzahnt. Gesellschafter der Rubicon sind über Stiftungen Johannes Strohmayer und Robert Schächter, deren zwei Stiftungen 90 Prozent an der Österreichischen Staatsdruckerei halten. Diese hat wiederum ein Quasimonopol auf Sicherheitsdrucksorten der Republik Österreich, also eine enge Geschäftsbeziehung zum Innenministerium. Aber auch durch diese Beteiligung soll es laut Grassnigg „definitiv“zu keinen Einflussnahmen bei der Auftragsvergabe an Rubicon gekommen sein. Eine diesbezügliche Anfrage wurde weder von Strohmayer noch von Schächter beantwortet.