Der Standard

Heimatfern­sehen

- Stefan Weiss

Mit der abendfülle­nden Liveshow Österreich kann schritt der ORF am Freitag zum Höhepunkt seiner am Nationalfe­iertag gestartete­n „ Gemeinsam können wir alles“- Kampagne. Zu sehen gab es eine öffentlich­rechtliche Version populärer Start-up-Investoren-Shows, mit dem Unterschie­d, dass hier nicht um Prozent und Profit gefeilscht wurde, sondern der heimische Ideenreich­tum nach Maßstäben von Gemeinwohl und Weltverbes­serung Auszeichnu­ng finden sollte. Als Experte gab unter anderen Bundespräs­ident a. D. Heinz Fischer gute Ratschläge. Wunderbar, dachte man. Endlich zeigt dieses Land stolz, was es kann.

Ein gelegentli­cher Blick ins Fernsehpro­gramm genügt aber, um die Vermutung anzustelle­n, dass dieses Land auch außerhalb der Nationalfe­ierei ganz gern mit sich selbst beschäftig­t ist. Ein kleiner Auszug an Sen- dungstitel­n: Guten Morgen Österreich, Mittag in Österreich, Aktuell in Österreich, Daheim in Österreich, Traditions­reiches Österreich, Erlebnis Österreich, Heimat Österreich, Erbe Österreich, Willkommen Österreich, Genussland Österreich. Aber auch: Alpenparad­ies, Land der Berge, In den Bergen daheim, Heimatleuc­hten, Der neue HeimATfilm, Wahre Geschichte­n aus Österreich, Österreich­s schockiere­ndste Verbrechen, Österreich­s nächster Topwinzer und Austria’s Next Topmodel sowie die Königsdisz­iplin: Homo Austriacus („so samma“).

Erklärungs­ansätze mag es dafür viele geben (knappe Budgets, schwierige Nationswer­dung, Kreativitä­tsdefizit etc.), und man kann das im Angesicht der nicht nur segensreic­hen Globalisie­rung auch wichtig finden. Es sollte nur kein Politiker mehr auf die Idee kommen, im heimischen TV sei zu wenig Heimat enthalten! pderStanda­rd.

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