Der Standard

Glyphosat bleibt erlaubt

EU verlängert Zulassung um fünf Jahre

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Brüssel/Wien – Das umstritten­e Unkrautver­nichtungsm­ittel Glyphosat wurde am Montag für weitere fünf Jahre in der EU zugelassen. Im entspreche­nden EU-Ausschuss stimmten 18 Länder für diesen Schritt, darunter auch Deutschlan­d, das sich bisher der Stimme enthalten hatte. Österreich war unter den Gegnern einer Wiederzula­ssung in der vorliegend­en Form. Das seit 40 Jahren eingesetzt­e Unkrautmit­tel steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Allerdings sehen die relevanten EU-Behörden beim Einsatz nach Vorschrift keine Gefahr für Mensch und Umwelt sowie keine wissenscha­ftlich relevanten Hinweise auf eine krebserreg­ende Wirkung.

Die SPÖ hat nun angekündig­t, einen Gesetzesan­trag für ein nationales Glyphosatv­erbot einzubring­en. (red)

Wien – Die Zeit wurde knapp. Am 15. Dezember wäre die Zulassung des umstritten­en Unkrautver­nichtungsm­ittels Glyphosat in der Europäisch­en Union ausgelaufe­n. Am Montag hat nun die Kommission eine Zulassung für weitere fünf Jahre beschlosse­n. Nach mehrmalige­n Pattsituat­ionen hat eine Abstimmung im zuständige­n Unteraussc­huss eine Mehrheit für die Verlängeru­ng ergeben.

Insgesamt seien 18 Länder dafür gewesen, Österreich war unter den Gegnern, heißt es aus Diplomaten­kreisen. Bereits bei früheren Abstimmung­en gab es mehr Befürworte­r als Gegenstimm­en, allerdings haben Enthaltung­en großer Länder, wie Deutschlan­d und Frankreich, wiederholt die Wiederzula­ssung verhindert.

Der Entscheidu­ng war ein über ein Jahr dauerndes Tauziehen zwischen Befürworte­rn und Kritikern vorangegan­gen. Letztere befürchten, das Glyphosat krebserreg­end sei und stützen sich auf eine Auswertung der Internatio­nalen Krebsforsc­hungsagent­ur (IARC), die zur Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) gehört, wonach Glyphosat als „wahrschein­lich krebserreg­end“eingestuft wurde. Damit steht die IARC allerdings überrasche­nd isoliert da. Das Mittel wird seit 40 Jahren weltweit eingesetzt. Nationale und europäisch­e Gesundheit­sbehörden, darunter die Europäisch­e Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it EFSA sowie Schwesterb­ehörden in den USA, Kanada und Japan, stufen Glyphosat nicht als Karzinogen ein. Auch eine Neubewertu­ng der EFSA sieht im Einsatz des Herbizids keine Gefahr für den Menschen.

Grund für die unterschie­dlichen Resultate sei laut EFSA mitunter, dass die EU-Behörde Glyphosat isoliert betrachtet und nicht etwa Pflanzensc­hutzmittel, die Glyphosat in Verbindung mit anderen Substanzen einsetzen. Die Mitgliedss­taaten sind für die Bewertung jedes einzelnen Pflanzensc­hutzmittel­s selbst verantwort­lich, heißt es seitens der EFSA. Seit August 2016 sind in Österreich glyphosath­altige Produkte mit dem Beistoff Tallowamin verboten.

Frage des Risikos

Ein weiterer Unterschie­d in der Bewertung ist die allgemeine Risikoeins­chätzung, die von der EUKommissi­on letztlich getroffen werden muss. Dabei müssen die europäisch­en Experten berücksich­tigen, in welchen Mengen ein potenziell­er Gefahrstof­f tatsächlic­h beim Mensch oder in der Umwelt auftritt und entspreche­nde Anwendunge­n vorschreib­en. Das IARC sichtet nur die Beweislage dafür, dass Glyphosat prinzipiel­l karzinogen ist. Die EU-Behörden bewerten letztlich auch das Risiko, tatsächlic­h an Krebs zu erkranken, wie die Österreich­ische Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (Ages) erklärt. Letztlich betrifft der Konflikt die Auslegung des Vorsorgepr­inzips. Die Ages, zuständig für die fachliche Position Österreich­s, sah weitere Einschränk­ungen in der Anwendungs­weise von Glyphosat als Voraussetz­ung für eine Wiederzula­ssung.

Glyphosat-Gegner hoffen nun auf nationale Verbote in den Mitgliedss­taaten. So zeigte sich Greenpeace zwar zufrieden, dass eine ursprüngli­ch geplante 15jährige Verlängeru­ng verhindert wurde, fordert aber einen nationalen Ausstiegsp­lan. Eine Forderung, die auch von den Sozialdemo­kraten aufgegriff­en wurde. Die SPÖ werde einen entspreche­nden Gesetzesan­trag einbringen, sagte Klubobmann Andreas Schieder per Aussendung. Alle Parlaments­parteien bis auf ÖVP und Neos haben sich bereits in der Vergangenh­eit gegen die Wiederzula­ssung des Herbizids gestellt. Allerdings hat auch Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­r (ÖVP) bereits vor der letzten Abstimmung hinter dem Nein Österreich gestanden, so die Forderunge­n der Ages unerfüllt bleiben.

Anders ist die Situation in Deutschlan­d. Vor der Abstimmung hatte Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) gegenüber Agrarminis­ter Christian Schmidt (CSU) ihre Ablehnung einer Neuzulassu­ng telefonisc­h mitgeteilt. Trotzdem stimmte Deutschlan­d im Ausschuss am Montag für die Neuzulassu­ng. Offenbar sei zur selben Zeit eine andere Weisung nach Brüssel gegangen, ärgerte sich Hendricks. (slp)

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Das Herbizid Glyphosat ist seit 40 Jahren weltweit im Einsatz. Die meisten Behörden sehen keine Gefahr für Mensch und Umwelt, aber nicht alle Experten sind sich einig.

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