Amazon und Co boomen
Mit inszenierten Kauforgien wie dem Black Friday wurde das Weihnachtsgeschäft eingeläutet. Der Handel hofft dennoch auf viele weitere Kunden. Die geben ihr Geld aber mittlerweile auch gern anderswo aus.
Der Onlinehandel steigt rasant. Der Handelsverband kritisiert Schieflagen bei Steuern und Zöllen und fordert Schranken.
Wien – Billiger, billiger, billiger. Was man einst allenfalls auf Flohmärkten und dem Wiener Naschmarkt gehört hat, ist mittlerweile auch im traditionellen wie virtuellen Handel verstärkt zu sehen. Mit inszenierten Kauforgien wie dem Black Friday wurde das Weihnachtsshopping eingeläutet. Gelockt wird mit satten Rabatten.
Das traditionell für den Handel wichtige Weihnachtsgeschäft mit Preisnachlässen bis zu 50 Prozent zu starten, hält Rainer Trefelik, Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Wien, für suboptimal. Für das heurige Jahr ist er dennoch gut gestimmt: „Der Konjunkturaufschwung gibt Anlass für eine optimistische Einschätzung.“Rund 350 Euro wollen Konsumenten für Geschenke ausgeben, hat die KMU-Forschung erfragt. Wie viel davon schon am Aktionswochenende verprasst wurde, ist noch offen.
Der Wiener Handel erhofft sich jedenfalls einen Dezember-Umsatz von 345 Millionen Euro, laut Trefelik „auf dem hohen Niveau des Vorjahres“. Österreichweit sollen knapp 1,7 Milliarden in die Kassen fließen. Man ist bescheiden geworden. Die Wachstumsraten früherer Jahre gehören der Vergangenheit an. Einerseits nascht am Weihnachtsgeschäft nicht mehr nur der Handel mit. Ein Fünftel der Ausgaben landet wohl heuer bei Dienstleistern – für Kochkurse, Wellnesswochenen- den, Tandemsprünge oder Reisen. Andererseits ist „das Internet nicht wegzudiskutieren“, wie Trefelik einräumt, auch wenn nur zehn Prozent des Umsatzes dort landen, womit der Onlinehandel auf Vorjahresniveau stagniere.
Tatsächlich passiert Wachstum mittlerweile genau dort. Die OttoTochter Unito, einer der größten heimischen Onlineplayer, erwartet zu Weihnachten ein Plus von 30 Prozent. Für den stationären Handel wird es enger, sagt Wolfgang Richter vom Beratungsunter- nehmen Regioplan: „Die zuletzt gestiegene Kaufkraft von ein bis drei Prozent pro Jahr fließt nicht in den Handel.“Gleichzeitig sitzt dieser auf einer teuren Infrastruktur. Die Verkaufsflächen gehen zwar seit vier Jahren jährlich ein bis 1,5 Prozent zurück, Österreich bleibt aber Spitzenreiter, was die Dichte der Einkaufsfläche je Einwohner betrifft. Steigende Standortkosten durch höhere Mieten und Personalkosten stehen also stagnierenden Einkünften gegenüber. Handelsexperte Peter Harrer von Foley Retail Consulting sieht aber auch Positives: „Made in China kommt nicht mehr so gut an. Der Trend geht auch zu mehr Qualität, zu Spezialitäten und zu hochwertigem Handwerk.“
Kleine, feine Geschäfte mit Seifen aus der eigenen Siederei, mit schicker Ethnomode, Düften in allen Variationen, hochwertigen Lebensmitteln, mit Gewürzen mit Kochbüchern und passenden Kursen blühen und gedeihen und ziehen auch junges Publikum an – und das vor allem zu Weihnachten.