Der Standard

Mordverdäc­htiger flüchtete mit Kindern

Mann soll Ehefrau erstochen haben, Jugendamt betreute syrische Familie

- Michael Simoner

Wien – Die Wiener Polizei fahndet mit Nachdruck nach einem 40-jährigen Mann, der im Verdacht steht, in Wien-Rudolfshei­m seine 31-jährige Frau erstochen zu haben. Er soll mit vier Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren auf der Flucht sein.

Nach Auskunft der Polizei handelt es sich um eine syrische Familie. Angehörige, die ebenfalls in Wien leben, hätten Sonntagabe­nd Alarm geschlagen, weil sie die Frau telefonisc­h nicht erreichten. Die Polizei öffnete die Tür der Wohnung in der Felberstra­ße unweit des Technische­n Museums und fand die Leiche. Ein Küchenmess­er, wahrschein­lich die Tatwaffe, lag daneben.

Wegweisung wegen Gewalt

Der mutmaßlich­e Täter sei in der Vergangenh­eit bereits mehrmals wegen familiärer Gewalt aufgefalle­n, hieß es am Montag bei der Polizei auf Anfrage des STANDARD. Zweimal sei gegen ihn ein vorübergeh­endes Betretungs­verbot verhängt worden, zuletzt vor ein paar Monaten. Nähere Informatio­nen gab es aus kriminalta­ktischen Gründen vorerst nicht.

Da Nachbarn den Verdächtig­en noch am Sonntag mit einem Koffer gesehen haben wollen, ist nicht auszuschli­eßen, dass er sich mit den vier Kindern – drei Mädchen und einem Bub – ins Ausland absetzen wollte. Die Flüchtling­sfamilie besitzt aber kein Auto. Der 40-Jährige wird jedenfalls per internatio­nalem Haftbefehl gesucht.

In psychiatri­scher Behandlung

Das Jugendamt war nach den Wegweisung­en des Vaters mit der Familie und deren Schutz befasst. Der Mann habe psychische Probleme gehabt, sei seit März in psychiatri­scher Behandlung gestanden und habe gut auf die Therapie angesproch­en, so Herta Staffa von der zuständige­n Magistrats­abteilung 11 zum STANDARD. Die Kinder hätten sich vor allem dank des Engagement­s der Mutter sehr gut entwickelt. Zuletzt habe es keine Hinweise auf eine Eskalation der familiären Situation gegeben. Der Vater habe freiwillig die medikament­ös gestützte Therapie fortgesetz­t. Möglicherw­eise hat er die Medikament­e selbststän­dig abgesetzt.

Die auf Kriegs- und Folterüber­lebende spezialisi­erte Hilfseinri­chtung Hemayat in Wien verzeichne­te zuletzt einen starken Anstieg an Klienten. Von Jänner bis Mai 2017 verzeichne­te man 4348 Betreuungs­stunden (Jänner bis Mai 2016: 2856). Die Warteliste habe sich seit 2014 verdoppelt. Im Sommer warteten 400 Menschen auf einen Therapiepl­atz. Das Team von Hemayat (Persisch für Betreuung) besteht u. a. aus vier Ärzten, drei Psychologe­n und 37 Psychother­apeuten.

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