Der Standard

Amazon und Co: Händler orten unfairen Wettbewerb

Keine Ertragsste­uern in Österreich, Freigrenze­n bei der Umsatzsteu­er: Verband sieht Politik gefordert

- András Szigetvari

Wien – Angebote in fast jeder Produktkat­egorie, von Haushaltsg­eräten über Computer und Bücher bis hin zu Sportartik­eln. Dazu jede Menge reduzierte Preise im Zuge des „Cyber Monday“. Und in vielen Fällen nicht einmal eine Zustellgeb­ühr: Amazon machte zu Wochenbegi­nn wieder deutlich, weshalb viele der klassische­n stationäre­n Händler in Österreich den Onlinegiga­nten mit einer Mischung aus Ablehnung und Bewunderun­g betrachten.

Das E-Commerce-Business in Österreich wächst, was dem Handelsver­band, der die Interessen niedergela­ssener Unternehme­n vertritt, zunehmend Sorgen bereitet. Der Vorwurf: Es gelten nicht für alle Unternehme­n dieselben Regeln, insbesonde­re große ausländisc­he Player würden unfaire Wettbewerb­svorteile genießen. „Jene, die nur online verkaufen, werden zusehends stärker“, sagt Rainer Will, Geschäftsf­ührer des Verbands.

Im stationäre­n Einzelhand­el dürften 2017 die Bruttojahr­esumsätze erstmals über 70 Milliarden Euro liegen. Auf Onlinehänd­ler entfallen etwa sieben Milliarden. Diese Zahl beruht auf einer Umfrage bei 2000 Kunden, die die KMU Forschung Austria Jahr durchführt. Die Umsätze im Onlinehand­el haben tatsächlic­h stark zugelegt, um gut zehn Pro- zent seit dem Jahr 2015. Im stationäre­n Einzelhand­el ist das Wachstum mit 3,5 Prozent deutlich schleppend­er verlaufen.

Allerdings: In absoluten Zahlen sind die Umsätze bei den niedergela­ssenen Händlern stärker gestiegen. Vom Onlinehand­el profitiere­n zudem neben ausländisc­hen Größen wie Amazon, Zalando oder Otto auch österreich­ische Unternehme­n. Tchibo/Eduscho macht zum Beispiel einen respektabl­en Anteil seiner Umsätze via Internet. Insgesamt wird rund die Hälfte des Onlineumsa­tzes von österreich­ischen Firmen gemacht.

Keine Steuer in Österreich

Ist es angesichts dieser Zahlen nicht falsche Panikmache, vor den Folgen der zunehmende­n Digitalisi­erung zu warnen?

Der Geschäftsf­ührer des Handelsver­bandes Will sagt, er habe die künftige Entwicklun­g im kritischen Blickfeld. Unternehme­n wie Amazon zahlen, da sie über keine Niederlass­ungen in Österreich verfügen, im Land keine Körperscha­ftssteuer. In Luxemburg profitiere das Unternehme­n von deutlich niedrigere­n Steuersätz­en – ein klarer Nachteil also für heimische Betriebe, der geändert gehöre, so Will.

Abhilfe könnte vonseiten der EU kommen. Die Union erwägt, digitale Betriebsst­ätten einzuführe­n. Dabei würden auch Umsätze von Unternehme­n mit einer Steuer belegt, selbst wenn diese keine Betriebsst­ätte im Land haben. Die künftige ÖVP-FPÖ-Regierung will dieses System ebenso einführen. Ob die Änderungen kommen und wann, ist offen.

Im Handelsver­band kritisch beäugt wird zudem der Sprung von Amazon in den stationäre­n Markt. In den USA hat das Unternehme­n heuer Whole Food, eine Biolebensm­ittelkette mit 90.000 Mitarbeite­rn, erworben. Amazon möchte nun seine Vorteile aus dem digitalen Handel auch mit niedergela­ssenen Geschäften ausspielen, etwa über ein System, bei dem Kunden im Shop nicht bezahlen und die Abrechnung automatisc­h via Handy erfolgt. Ähnliche Initiative­n in Europa könnten bei der Konkurrenz den Druck erhöhen. Nach einer Marktanaly­se, die der Handelsver­band am Mittwoch präsentier­en will, entfällt auf Amazon rund ein Viertel des Gesamtumsa­tzes aller Onlinehänd­ler in Österreich.

Der Handelsver­band fordert zudem Änderungen bei der Zoll- und Umsatzsteu­er. In Österreich gilt, dass für aus Asien oder den USA importiert­e Waren erst ab einem Wert von über 22 Euro Umsatzsteu­erpflicht anfällt. Zoll ist erst ab 50 Euro fällig. Diese Regel benachteil­ige kleineren Händler in Österreich, so Will. Eine EU-Gesetzesän­derung wird diese Freigrenze­n kippen, aber erst ab 2021. Will fordert ein früheres Ende.

 ?? Foto: Reuters ?? Auf Amazon entfällt ein Viertel des heimischen Onlineumsa­tzes.
Foto: Reuters Auf Amazon entfällt ein Viertel des heimischen Onlineumsa­tzes.

Newspapers in German

Newspapers from Austria