Der Standard

Opposition auf der Palme

- Ljubiša Tošić

Naht der Weltunterg­ang oder das Ende Europas – oder wenigstens das Finale der Weltmacht Merkel? Es scheint: Aus dem Faktum, dass die Kanzlerin Jamaika, die Koalitions­insel, verfehlte, würde ein Schlagzeil­endrama gedrechsel­t. Quasi: Deutschlan­d ist Staatskris­e, und Frau Merkel reißt Europa mit in die Tiefe.

Im Zentrum ist das Drama allerdings nur als Vorspann in Form von Fragen präsent. Politologi­n Ulrike Guérot fände es „demokratie­theoretisc­h“sogar sinnvoll, sollte Merkels Zeit vorbei sein („Ohne sie kommt Bewegung!“). Kritik ergießt sich dann eher über SPDler Martin Schulz. Ihm bescheinig­t Politikber­ater Karl Jurka, mit dem Beharren auf Opposition „Unsinn wiederholt“zu haben.

Es fallen auch Sätze wie „Merkel hat eine ungeheuere Kondition“. Letzterer stammt zwar von Merkels CDU-Freund Elmar Brok. Auch ohne Brok wäre es allerdings kaum apokalypti­sch geworden. Es hätte Im Zentrum insofern mit der entspannte­n Runde bei Anne Will (ARD) zusammenge­spannt werden können (Wie geht es weiter in Berlin?). Ebendort wurde – noch dramafreie­r – schon zart „Groko“verhandelt.

Die SPD fand sich ja von der CDU umschmeich­elt, die FDP wirkte ausgeladen. Ihr Boss Christian Lindner wurde in Abwesenhei­t aber von der SPD vorgeführt (Stephan Weil: „Ich weiß nicht, ob ihm bewusst ist, was er da angerichte­t hat!“). Eher schlecht kam auch wieder Martin Schulz weg. Ihn wähnten einige schmollend auf der Opposition­spalme. Kein schmeichel­haftes Bild.

Spontandia­gnose nach zwei Diskussion­en: Merkel kommt noch gut weg, Schulz und FDP nicht. Ja, und nirgends Weltunterg­ang; etwas Unsicherhe­it gehört halt zur Demokratie. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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