Der Standard

Die Grüne und die kranke Bordellbet­reiberin

Ehemalige Spitzenpol­itikerin klagt 65-Jährigen wegen übler Nachrede auf Homepage

- Michael Möseneder

Wien – Walter E. ist 65 Jahre alt und hat eine Theorie, wie er Richter Thomas Spreitzer erklärt. „Es kommt ein Systemwech­sel auf eine neue Monarchie. Daran wird schon seit Jahrzehnte­n gearbeitet. Mit Gehirnwäsc­he, dem Aufbau der Grünpartei. Das geht von Thinktanks aus, den Rothschild­s“, schwadroni­ert der wegen übler Nachrede angeklagte Unbescholt­ene. Vor Gericht sitzt er, da er auf seiner Website behauptet hatte, eine ehemalige Grünen-Politikeri­n sei früher im Rotlicht tätig gewesen.

Auf die Idee brachte ihn das Erinnerung­sbuch einer ehemaligen Betreiberi­n eines Wiener Bordells. Die berichtete darin, eine „Eva“sei bei ihr tätig gewesen, um sich das Studium zu finanziere­n. Das sei aber nicht der wahre Name der Frau, stellte die Geschäftsf­rau gleichzeit­ig klar.

Herrn E. ficht das nicht an. Er formuliert­e das Gerücht auf seiner Seite. „Es hat Indikatore­n gege- ben, dass der Verdacht wahr sein könnte“, erklärt er dem Richter nun kryptisch. Als da wären: ein Artikel der Kronen Zeitung, der nicht mit der Behauptung im Zusammenha­ng steht, und das Buch der Bordellbet­reiberin.

„Aber die Frau hat ja nicht einmal in Wien studiert!“, hält Spreitzer dem Akademiker vor. „Das wusste ich nicht. Aber wissen Sie, in der Arbeit hat man nicht viel Zeit ...“– „Es gibt aber ja auch die journalist­ische Sorgfaltsp­flicht“, belehrt ihn der Richter. Herr E. ist eigentlich Pensionist, wie er selbst sagt, aber sieht sich auch als Journalist. „Ich muss aus Sicherheit­sgründen noch weiterarbe­iten“, belehrt er den Richter und erzählt, dass er ein Einfamilie­nhaus als „Fluchtburg“besitze, da ein Krieg mit dem Islam komme.

Die Klägerin, die von der auch für den Standard tätigen Anwältin Maria Windhager vertreten wird, antwortet auf die Frage des Richters, ob E.s Behauptung­en stimmen, schlicht mit: „Absolut nicht.“

Ein Urteil gibt es dennoch nicht, Spreitzer muss vertagen. Der Grund: Die Bordellbet­reiberin ist schwerkran­k und bettlägrig, E.s Verteidige­r besteht aber auf ihrer Einvernahm­e.

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